21. Juli 2020
Ist Whistleblowing nach den verabschiedeten Vorschriften zum EU-weiten Schutz von Informanten nun salonfähig? Wie ist diese Rechtsprechung vor dem Hintergrund des nicht weniger neuen Geschäftsgeheimnisgesetzes einzuordnen? Wie umfassend wirkt sich diese Thematik für Unternehmen aus? Die Fragen hierzu sind zahlreich, die Rechtsunsicherheit groß. Erste Einschätzungen unseres Experten Martin Knaup finden sich im nachfolgenden Interview. Dies alleine zeigt bereits, dass die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen die Compliance-Systeme auf die Probe stellen werden.
1. Wird das Whistleblowing zukünftig zu- oder abnehmen? Welchen Effekt hat dies für das betroffene Unternehmen? Was glauben Sie?
Erfolgreiches Whistleblowing scheitert regelmäßig am mangelnden Vertrauen potentieller Hinweisgeber. Vor diesem Hintergrund verspricht der Richtlinienentwurf insbesondere durch die Regelung konkreter Informationspflichten und eines geordneten Rückkopplungsprozesses, das Vertrauen in die Wirksamkeit des Meldeverfahrens zu stärken bzw. aufzubauen. Gelingt es dem nationalen Gesetzgeber, dies effektiv umzusetzen, dürfte sich das sowohl auf die Quantität als auch auf die Qualität künftiger Meldungen positiv auswirken. Für Unternehmen bietet dies die Chance, frühzeitig Missstände innerhalb des Unternehmens zu identifizieren, notwendige Abhilfemaßnahmen einzuleiten und gleichzeitig ein unkontrolliertes Ausdringen der jeweiligen Information nach außen zu vermeiden.
2. Rechtsunsicherheit prägt die gegenwärtige Situationen. Abwarten oder handeln: Wie sollten Unternehmen nun reagieren?
Unternehmen sollten das derzeitige Momentum für eine kritische Bestandsaufnahme ihres Compliance Systems nutzen. Offene Fragen und Schwachstellen, die sich daraus ergeben, stehen ohnehin spätestens dann im Fokus, wenn eine rechtsverbindliche Implementierung der Whistleblowing-Richtlinie ins Haus steht.
3. Kann ein bereits bestehendes Hinweisgebersystem den Kriterien der Whistleblowing-Richtlinie standhalten oder sind Anpassungen in der Regel erforderlich?
Es zeichnet sich ab, dass es erstmals einheitliche gesetzliche Leitplanken für das Thema Whistleblowing und den Schutz der betroffenen Personen geben wird. Da ein funktionierendes Hinweisgebersystem als ein zentrales Element eines effektiven Compliance Systems zu begreifen ist, sollte dies Unternehmen Anlass dazu geben, das eigene Compliance System als Ganzes auf den Prüfstand zu stellen. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass es sich bei der Materie um eine extreme Querschnittsmaterie handelt, die Berührungspunkte zu einer Vielzahl, teilweise sehr unterschiedlicher Rechtsbereiche aufweist. Aktuell wird dies am Beispiel des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen und nicht zuletzt im Bereich des Datenschutzes sehr deutlich.
Überblick über beschlossene Maßnahmenpakete und Handlungsempfehlungen für Unternehmen
von mehreren Autoren