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Katharina H. Reuer, M. Jur. (Madrid)

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30. September 2019

Update zum Influencer-Marketing

Welche Anforderungen stellen deutsche Gerichte derzeit an die Kennzeichnungspflichten von Influencern?

Das zunehmend wichtiger gewordene Influencer-Marketing hat in letzter Zeit vermehrt die deutschen Gerichte beschäftigt. Nach einer Reihe von Entscheidungen der Instanzgerichte fehlt es bisher an einer höchstrichterlichen Entscheidung, die Voraussetzungen und Umfang der Kennzeichnungspflichten von Influencern für ihre Produktbeiträge klar definiert. Im Folgenden fassen wir die derzeitige rechtliche Situation, wie sie sich aus aktuellen Entscheidungen des Kammergerichts Berlin, der Oberlandesgerichte Frankfurt und Celle sowie der Landgerichte Karlsruhe und München ergeben, für Sie als Update zusammen:

Das KG Berlin korrigiert die Rechtsprechung des LG Berlin: nicht jeder Instagram-Post der Influencerin Vreni Frost ist Werbung

Das Landgericht Berlin hatte drei Instagram-Posts der Bloggerin und Influencerin Vreni Frost als unzulässige getarnte Werbung gem. § 5 a Abs. 6 UWG bewertet und deren Verbreitung untersagt. Sie hatte auf diesen jeweils Tags, d.h. Links, zu den Instagram-Kanälen der Anbieter der abgebildeten Markenprodukte (im Wesentlichen Bekleidungs- und Kosmetikartikel, Accessoires und Produkte der Unterhaltungsindustrie) gesetzt, ohne diese Posts als Werbung zu kennzeichnen. Der Fall hatte deswegen für Aufsehen gesorgt, weil Vreni Frost auch die Verbreitung eines Instagram-Posts untersagt worden war, der Produkte (blaues Sweatshirt, Brosche, Bauchtasche) zeigte, die die Influencerin nachweislich selber gekauft und bezahlt hatte. Das Landgericht war aber dennoch der Auffassung, dass die Art und Weise der Produktpräsentation und die Verlinkung auf die Herstellerseite objektiv den Absatz der Produkte fördern würde und damit den kommerziellen Zwecken des verlinkten Unternehmens diene. Damit hat das Landgericht geradezu eine generelle Vermutung aufgestellt, dass die Posts von unternehmerisch tätigen Influencern, die mit Tags und Links zu den Anbietern der präsentierten Markenprodukte versehen sind, immer eine kommerzielle Kommunikation darstellen und damit kennzeichnungspflichtige Werbung sind.

Das KG Berlin hat mit seinem Urteil vom 08.01.2019 (5 U 83/18) dieser generellen Vermutung eine Absage erteilt. Vielmehr müsse jeder einzelne Beitrag darauf hin überprüft werden, ob er redaktioneller Natur ist und vorrangig der Information und Meinungsbildung dient oder ob er bei objektiver Betrachtung dem Ziel dient, den Absatz von Waren oder Dienstleistungen des Markenherstellers zu fördern, ohne dass dies lediglich eine reflexartige Folge der Nennung des Herstellers ist. Dabei sind ein (geringer) journalistischer Gehalt der beanstandeten Beiträge, anderweitige Werbetätigkeit für Dritte in sozialen Medien gegen Entgelt, öffentliche Berichterstattung über die professionelle Bloggertätigkeit des Influencers und eine Verlinkung auf Online-Shops Dritter, gleich ob unmittelbar oder mit Zwischenschritten, Indizien, die bei einer Gesamtbetrachtung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für Werbetätigkeit begründen können.

Nach diesen Maßstäben entschied im Anschluss an das Frost-Urteil das OLG Frankfurt am Main mit Beschluss vom 28.06.2019 (6 W 35/19), wonach jeder Beitrag des Influencers einzeln darauf hin überprüft werden müsse, ob es sich um eine private Empfehlung des Influencers handelt oder eine geschäftliche Handlung vorliegt. Dabei betonte das OLG für den konkreten Fall, dass es sich jedenfalls um getarnte Werbung handelt, wenn der Schwerpunkt der Werbetätigkeit des Influencers in der Branche liegen würde, der das empfohlene Produkt angehört, und der Influencer geschäftliche Beziehungen zu dem Unternehmen unterhält, dessen Produkte er empfiehlt.

Demgegenüber bewertete das LG Karlsruhe mit Urteil vom 21.03.2019 (3 O 38/18) auch unentgeltliche Beiträge eines Influencers als kommerzielle Kommunikation und damit Werbung, da diese dennoch geeignet seien, den Wettbewerb eines anderen Unternehmens zu fördern. Bei unternehmerisch tätigen Influencern stelle sich die Frage der Unentgeltlichkeit von vornherein nicht, die kein taugliches Abgrenzungsmerkmal zwischen einer privaten und einer geschäftlichen Handlung sei.

LG München I: für Kennzeichnungspflichten kommt es auch auf Bekanntheit des Influencers an

Das LG München I hat mit seinem Urteil vom 29.04.2019 (4 HK O 14312/18) im Fall Cathy Hummels, Ehefrau des Fußballspielers Mats Hummels, nun mit dem Aspekt der Bekanntheit der Influencerin ein weiteres Bewertungskriterium ins Spiel gebracht. Die Beklagte Cathy Hummels betreibt einen Instagram-Account, auf dem sie sowohl privat anmutende redaktionelle als auch werbliche Posts veröffentlicht. Sie wurde vor dem LG München auf Unterlassung der fehlenden Kennzeichnung in Anspruch genommen, da sie den kommerziellen Zweck der von ihr geposteten Inhalte nicht deutlich gemacht habe. Angegriffen wurde u.a. der nachfolgend abgebildete Post, der, wie die anderen angegriffenen Posts, keinen Hinweis auf eine „bezahlte Partnerschaft“ oder sonstige Kennzeichnung als Werbung enthält. Ausgestattet sind die Posts mit Tags, die die Nutzer unmittelbar auf die Profile der jeweiligen Marken leiten:

Die Kammer wies die Klage mit der Begründung ab, dass Frau Hummels Instagram-Profil, auf dem sie private und werbliche Posts veröffentlicht, so professionalisiert sei, dass dieses gar keine private Botschaft enthalten könne. In der Folge entfiele die Kennzeichnungspflicht des kommerziellen Zwecks von Produktbeiträgen, die zwar ohne Erhalt einer Vergütung verbreitet wurden, aber dennoch als geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG einzuordnen seien.

Das LG hat das Vorliegen von Schleichwerbung nach § 5a Abs. 6 UWG abgelehnt, da die die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass Frau Hummels die Posts gegen Entgelt veröffentlicht habe. Zwar erfasse der Anwendungsbereich des § 5 a Abs. 6 UWG jede geschäftliche Handlung (i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG), die einem kommerziellen Zweck dient, unabhängig von der Entgeltlichkeit; allerdings können die angesprochenen Verkehrskreise vorliegend unmittelbar aus den Begleitumständen des Beitrags erkennen, dass dieser und die anderen angegriffenen Posts mit einem kommerziellen Zweck veröffentlicht wurden, da der gesamte Instagram-Auftritt von Frau Hummels aufgrund der folgende Aspekte als kommerzieller Kommunikationskanal erkennbar sei:

  • Es handelt sich um einen verifizierten Account, erkennbar durch einen blauen Haken hinter dem Profilnamen, den nur bekannte Persönlichkeiten erhalten;
  • aus der Gesamtzahl von 485.000 Followern lässt sich schließen, dass der Account nicht nur zur privaten Kontaktpflege mit Freunden verwendet wird;
  • der Account ist öffentlich, was im Falle prominenter Personen typischerweise für eine kommerzielle Nutzung des Accounts spricht.

Innerhalb eines aus kommerziellen Gründen betriebenen Accounts genieße der Influencer auch das Grundrecht der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG, sodass zwischen redaktionellen und werblichen Inhalte zu unterschieden ist. Wie im Bereich der traditionellen Medien, in dem z.B. Frauenzeitschriften in ihren Online-Auftritten ebenfalls Links und Tags für Produktempfehlungen veröffentlichen, ohne diese als Werbung zu kennzeichnen – es sei denn, sie wurden hierfür beauftragt oder bezahlt –, muss die rein redaktionelle Berichterstattung über Produkte nicht als Werbung gekennzeichnet werden. Eine Kennzeichnung als Werbung ist hingegen für beauftragte und bezahlte Inhalte erforderlich, die einzig zu Werbezwecken veröffentlicht werden, um den angesprochenen Verkehrskreisen eine Unterscheidung zwischen diesen beiden Beitragsarten zu ermöglichen.

Entgegen der Auffassung anderer Instanzgerichte betont die Kammer zudem, dass das vielfach angeführte besondere Schutzbedürfnis Minderjähriger hier nicht zu Tragen komme. Denn gerade Kinder und Jugendliche wüssten sehr wohl darüber Bescheid, dass Influencer und Blogger ihre Tätigkeit nicht aus reiner Menschenliebe oder Spaß ausüben, sondern es sich hierbei um einen relativ neuen, aber auch sehr lukrativen Beruf handelt, in dem mit relativ geringem Aufwand viel Geld zu verdienen sei.

Praxishinweis:

Die Entscheidungen des KG Berlin und LG München I tragen dazu bei, die Kennzeichnungspflichten für Influencer zu konkretisieren. Allerdings besteht aufgrund der sich teilweise widersprechenden instanzgerichtlichen Urteile weiterhin keine Rechtssicherheit zur Influencer-Werbung. Auch auf eine höchstrichterliche Klärung werden wir wohl noch etwas warten müssen. Zudem wird angesichts der zahlreichen denkbaren Sachverhaltskonstellationen ohnehin stets die Bewertung des konkreten Einzelfalls maßgeblich sein. Den Influencern ist daher vorerst zu empfehlen, alle fraglichen Posts mit den Kennzeichnungen „#anzeige“ oder „#werbung“ an deutlich erkennbarer Stelle, im Idealfall im ersten Hashtag, zu kennzeichnen. Im Übrigen ist der Gesamtkontext der Tätigkeit des Influencers und der Gestaltung seines Profils zu berücksichtigen, anhand derer aber mit dem KG Berlin jeder einzelne Beitrag auf seinen Informationsgehalt und einen ggf. dahinterstehenden kommerziellen Zweck hin zu prüfen ist. Insoweit bringt die Entscheidung des LG München I in Sachen Cathy Hummels nur eine Erleichterung der Kennzeichnungsverpflichtung für bekannte Persönlichkeiten, bei denen eher davon auszugehen ist, dass der kommerzielle Zweck der Beiträge unmittelbar erkennbar ist.

Erst jüngst hat die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, der die Pflichten der Kennzeichnung für Influencer zukünftig regeln soll. Es bleibt abzuwarten, inwieweit tatsächliche klare Regelungen hierzu am Ende in die bestehenden Gesetze integriert werden können. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

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