16. April 2018
Am 11.04.2018 hat die Europäische Kommission unter dem Stichwort „New Deal for Consumers“ eine Neugestaltung der Rahmenbedingungen für den Verbraucherschutz vorgeschlagen. Dazu soll ein Maßnahmenkatalog gehören, der unter anderem neue Anforderungen an den Online-Vertrieb, aber auch die Möglichkeit von Sammelklagen beinhaltet. Damit will die Kommission sicherstellen, dass die Verbraucher die ihnen nach dem Unionsrecht zustehenden Rechte besser wahrnehmen können. Allerdings beinhalten die Maßnahmen nicht nur Verschärfungen zulasten der Unternehmer, sondern auch lang ersehnte Verbesserungen, wie die angedachten Regelungen zum Widerrufsrecht zeigen.
Im Einzelnen bedeutet der Vorschlag für Verbraucher und Unternehmer Folgendes:
1) Erhöhte Transparenzpflichten beim Online-Vertrieb
Der Verkäufer auf Online-Marktplätzen muss die Verbraucher darüber informieren, ob er Unternehmer oder Privatperson ist. Die Verbraucher sollen dadurch wissen, ob sie bei Problemen durch Verbraucherrechte geschützt sind.
Bei der Suche im Internet muss den Verbrauchern mitgeteilt werden, wann ein Suchergebnis von einem Unternehmer bezahlt wird. Online-Marktplätze haben die Verbraucher über die wichtigsten Parameter für die Rangfolge der angezeigten Ergebnisse zu informieren.
2) Modifikation des Widerrufsrecht – Lessons Learned aus der Vergangenheit
Unternehmer müssen den Verbrauchern nicht mehr den Kaufpreis erstatten, bevor sie die betreffenden Waren nicht tatsächlich zurückerhalten haben. Sie sollen die Möglichkeit haben, die Ware zunächst zu kontrollieren.
3) Kein Vertrieb von Produkten in mehreren Mitgliedstaaten als identisch, obgleich sie sich qualitativ unterscheiden
4) Verbesserte Rechtsdurchsetzung
In allen EU-Ländern sollen qualifizierte Institutionen, wie etwa Verbraucherorganisationen, die Möglichkeit bekommen, im Namen von Verbrauchern Rechtsbehelfe, wie bspw.Sammelklagen, zu ergreifen. Klarstellungshalber weist die Kommission aber darauf hin, dass diese Sammelklagen sich deutlich von den Sammelklagen nach US-amerikanischem Vorbild unterscheiden sollen. Insbesondere sollen sie nicht von Kanzleien angestrengt werden können, sondern nur von bestimmten Einrichtungen, wie Verbraucherorganisationen. Diese dürfen nicht auf Gewinnerzielung gerichtet sein und müssen ihre Finanzierung offenlegen. Missbräuchlichen und unbegründeten Klagen soll von Anfang an die Grundlage entzogen werden. Sollte dieses Instrument tatsächlich eingeführt werden, würde es jedoch nicht auf bereits vor Inkrafttreten der Regelung begangene Verletzungshandlungen Anwendung finden.
Ob es tatsächlich zur Möglichkeit einer kollektiven Rechtsdurchsetzung kommen wird, ist offen. Das Thema findet sich jedenfalls auch im Koalitionsvertrag (Rz. 5790 ff.) von CDU, CSU und SPD.
Bei „Massenschadensereignissen“ zulasten einer großen Zahl von Verbrauchern sollen die nationalen Verbraucherschutzbehörden befugt sein, verhältnismäßige, aber abschreckende Sanktionen zu verhängen. Bei weit verbreiteten Verstößen zulasten von Verbrauchern in mehreren EU-Mitgliedstaaten kann sich die Höhe der Geldbuße auf bis zu 4 % des Jahresumsatzes des Unternehmens im jeweiligen Mitgliedstaat belaufen. Den Mitgliedstaaten steht es zudem frei, höhere Geldbußen einzuführen.
Die „Online Dispute Resolution (ODR)“- Plattform soll benutzerfreundlicher werden.
Ob die Europäische Kommission mit ihrem Vorschlag durchdringen wird, ist völlig offen.
Die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament müssen noch zustimmen.
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