3. November 2025
Co-Autor: Christian Zander
Der Cyber Resilience Act (CRA) ist mehr als nur eine weitere EU-Verordnung. Er ist das erste europäische Gesetz, das verbindliche Mindestanforderungen an die Cybersicherheit von Produkten mit digitalen Elementen festlegt.
Damit handelt es sich um einen zentralen Pfeiler der europäischen Cybersicherheitsstrategie und einen wichtigen Beitrag auf dem Weg zur digitalen Souveränität Europas. Der CRA soll in der gesamten Europäischen Union einheitliche Sicherheitsstandards schaffen, damit Verbraucher und Unternehmen besser vor digitalen Bedrohungen geschützt sind: Hiervon soll neben den Verbrauchern und Unternehmen auch die gesamte europäische Wirtschaft profitieren: Hohe Cybersicherheitsstandards sollen den gesamten Europäischen Binnenmarkt resilienter gegen kriminelle und terroristische Cyberangriffe machen. Das besondere an diesen Cybersicherheitsstandards: Sie gelten grundsätzlich für alle Produkte mit digitalen Elementen, unabhängig vom Sektor oder Bereich, in dem sie eingesetzt werden sollen, oder typischerweise eingesetzt werden – so dass auch das schwächste Glied in der Sicherheitskette einen verpflichtenden Mindestschutz aufweist.
Der CRA trat am 11. Dezember 2024 in Kraft. Wenngleich die meisten Vorschriften erst ab Dezember 2027 gelten, greifen mit den Meldepflichten der Hersteller zentrale Regelungen bereits im Herbst 2026. Den Beginn der Anwendbarkeit markiert im Juni 2026 Kapitel IV mit den Vorschriften zur Notifizierung von Konformitätsbewertungsstellen.
Dieser Beitrag bietet einen kompakten Überblick über die wichtigsten Inhalte des CRA.
Der CRA adressiert Pflichten an verschiedene, zusammengefasst als Wirtschaftsakteure benannte, Pflichtenträger. Primärer Adressat der Verpflichtungen ist der Hersteller eines Produkts mit digitalen Elementen. Nach Art. 2 Abs. 1 CRA sind Produkte mit digitalen Elementen alle Software- oder Hardwareprodukte und deren Datenfernverarbeitungslösungen, einschließlich Software- oder Hardwarekomponenten, die getrennt in den Verkehr gebracht werden. Damit betrifft der CRA fast alle Hardware- und Softwareprodukte, die direkt oder indirekt mit einem anderen Gerät oder Netzwerk verbunden werden können. Bemerkenswert ist, dass das sehr weite Verständnis des Produktbegriffs im CRA auch Software erfasst.
Die Bandbreite der regulierten Produkte ist dementsprechend groß: Vom intelligenten Thermostat über Smart Meter und Router bis hin zu vernetzten Industriemaschinen oder Robotern, aber auch Computerprogramme und Apps sind umfasst. Entscheidend ist zudem nach dem CRA nicht, wo das Produkt hergestellt wurde, sondern ob es auf dem europäischen Markt entgeltlich oder unentgeltlich angeboten wird („Bereitstellung auf dem Markt“). Damit strahlen die Anforderungen an die Cybersicherheit auch global aus: Mit dem CRA muss Cybersecurity weltweit beachtet werden, wenn ein Produkt auch auf dem europäischen Markt bereitgestellt werden soll.
Ausgenommen sind dagegen bestimmte Produktkategorien, die bereits durch andere EU-Regelungen abgedeckt werden – etwa medizinische Geräte, Kraftfahrzeugkomponenten oder Schiffsausrüstungen (vgl. Art. 2 Abs. 2 bis 4 CRA). Damit soll ein unverhältnismäßig hoher Umsetzungsaufwand für Behörden und Private vermieden werden. Auch kostenlose Open-Source-Software, die nicht mit Gewinnerzielungsabsicht entwickelt wird, fällt nicht in den Anwendungsbereich.
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Start-ups müssen sich zwar ebenfalls an den CRA halten, können aber auf Unterstützungsangebote wie Leitfäden, Helpdesks und vereinfachte Dokumentationspflichten zurückgreifen.
Mit dem CRA verfolgt die Europäische Union ein klares und langfristiges Ziel: die digitale Sicherheit in Europa auf ein neues Niveau zu heben. Angesichts der stetig wachsenden Zahl von Cyberangriffen, Sicherheitslücken und global vernetzten Lieferketten soll der CRA dafür sorgen, dass – sich ebenfalls stetig ausbreitende – digitale Produkte von Anfang an sicher konzipiert, entwickelt und betrieben werden.
Gleichzeitig soll der CRA die Verantwortung der Hersteller und Anbieter deutlich stärken: Wer ein digitales Produkt in der EU vertreibt, muss künftig nicht nur für dessen Funktionalität, sondern auch für dessen Cybersicherheit über den gesamten Lebenszyklus hinweg einstehen. Das schafft mehr Verlässlichkeit und Transparenz – sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmen, die auf digitale Produkte angewiesen sind. Den unzureichenden Zugang zu Informationen, die es ermöglichen, Produkte mit adäquaten Cybersicherheitsstandards zu identifizieren, machte die Europäische Kommission bereits 2022 als eine von zwei Hauptursachen für Schäden durch erfolgreiche Cyberattacken aus.
Art. 6 CRA sieht vor, dass Produkte mit digitalen Elementen durch die Hersteller nur dann in Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie den grundlegenden Cybersicherheitsanforderungen aus Anhang I entsprechen und sicher betrieben werden können.
Zu diesen zahlreichen Anforderungen gehören unter anderem:
Für besonders wichtige oder kritische Produkte – wie etwa Netzmanagementsysteme oder Smart-Meter-Gateways – können zusätzlich verschärfte Anforderungen gelten (Art. 7 und 8 CRA).
Diese Cybersicherheitsanforderungen gelten ab dem 11. Dezember 2027 für alle neuen Produkte, die ab diesem Stichtag auf den Markt kommen. Produkte, die vorher eingeführt wurden, müssen nachgerüstet werden, wenn sie wesentlich verändert werden.
Ab dem 11. September 2026 müssen Hersteller jede aktiv ausgenutzte Schwachstelle, die ihnen bekannt wird, innerhalb von 24 Stunden an das zuständige nationale Computer Security Incident Response Team (CSIRT) sowie an die EU-Cybersicherheitsagentur ENISA melden. Diese produktbezogene Meldepflicht ergänzt bestehende Regelungen, wie die NIS-2-Richtlinie, richtet sich aber speziell an die Hersteller von Produkten mit digitalen Elementen und nicht nur an Betreiber kritischer Infrastrukturen.
Das Verfahren sieht mehrere Stufen vor:
Die ENISA wird für diese Meldungen eine zentrale EU-weite Plattform bereitstellen. Die Anforderungen an Unternehmen werden damit zunehmend komplexer. Denn abhängig von Art und Umfang des Sicherheitsvorfalls kann ein einziger Vorfall unterschiedliche Meldepflichten nach verschiedenen Rechtsakten auslösen, die in engen zeitlichen Fristen erfüllt werden müssen.
Die EU-Kommission erarbeitet zudem aktuell einen delegierten Rechtsakt (Stand: 30. Oktober 2025), der Art. 16 Abs. 2 CRA präzisiert, und festlegt unter welchen Bedingungen CSIRTs die EU-weite Weiterleitung solcher Schwachstellenmeldungen nach dem Cyber Resilience Act ausnahmsweise verzögern dürfen. Eine Verschiebung ist nur in besonderen Fällen zulässig – etwa bei außergewöhnlichen Cybersicherheitsrisiken, wenn hochsensible Informationen betroffen sind, ein Sicherheitsupdate innerhalb von 72 Stunden bevorsteht oder wenn die Meldeplattform, bzw. ein empfangendes CSIRT, selbst kompromittiert wurde. Der Entwurf befindet sich derzeit im Konsultationsverfahren. Rückmeldungen sind bis zum 13. November 2025 möglich, die Annahme wird im vierten Quartal 2025 erwartet.
Verstöße gegen den CRA können teuer werden. Laut Art. 64 CRA drohen Bußgelder in Höhe von bis zu 15 Millionen Euro oder 2,5 % des weltweiten Jahresumsatzes – je nachdem, welcher Betrag höher ist.
Bei weniger schwerwiegenden Verstößen sind es bis zu 10 Millionen Euro oder 2 % des Umsatzes. Darüber hinaus können die Marktaufsichtsbehörden Produkte vom Markt nehmen, ihre Bereitstellung untersagen oder Rückrufe anordnen.
Der CRA sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten gegenüber der Europäischen Kommission eine notifizierende und marktüberwachende Behörde benennen. Die Bundesregierung hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) benannt, wodurch diesem zukünftig weitere Aufgaben zufallen: Das BSI notifiziert ab Juni 2026 Drittstellen, damit diese als Konformitätsbewertungsstelle tätig werden dürfen. Außerdem darf das BSI Produkte mit digitalen Elementen auf ihre Cybersicherheit überprüfen und bei Bedarf die oben angesprochenen Sanktionen verhängen.
Damit die Adressaten – insbesondere die Hersteller – künftig rechtssicher mit dem CRA umgehen können, gibt es bereits erste Handreichungen und Einstiegshilfen:
Der CRA markiert einen entscheidenden Wendepunkt: Als erste horizontal wirkende europäische Cybersicherheitsverordnung macht der CRA IT-Sicherheit für alle Produkte mit digitalen Elementen verbindlich. Für viele Unternehmen bedeutet das zunächst mehr Aufwand, langfristig, aber auch mehr Vertrauen und Wettbewerbsvorteile. Wer frühzeitig mit der Umsetzung beginnt und Prozesse insbesondere in Hinblick auf die bereits ab 2026 anwendbaren Meldepflichten etabliert ist nicht nur rechtlich auf der sicheren Seite, sondern kann sich auch als verlässlicher Anbieter sicherer Produkte positionieren.