28. August 2025
Am 7. August 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) den Referentenentwurf für das Neunte Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) veröffentlicht. Versteckt in einer Minimaländerung des § 55a StBerG steht eine deutliche Verschärfung des Fremdbesitzverbots: Künftig sollen sich nur solche Wirtschaftsprüfungs- und Buchprüfungsgesellschaften an Steuerberatungsgesellschaften beteiligen dürfen, die selbst sämtliche Anerkennungsvoraussetzungen nach dem StBerG erfüllen. Damit würde eine bislang gängige Struktur, über die sich Finanzinvestoren regelmäßig über EU-/EWR-Prüfungsgesellschaften mittelbar an Steuerberatungsgesellschaften beteiligen, faktisch ausgeschlossen.
Der Entwurf unterstellt, dass die Unabhängigkeit von Steuerberatern außerhalb Deutschlands nicht hinreichend gesichert sei. „Diese Annahme widerspricht dem europäischen Geist und blendet die Realität aus: Zahlreiche Mitgliedstaaten kennen ebenfalls Fremdbesitzverbote, wenn auch weniger strikt – und selbst in Ländern wie der Schweiz, wo vollständiger Fremdbesitz erlaubt ist, ist die Unabhängigkeit der Berufsträger nicht in Frage gestellt“, sagt Dr. Martin Jäger, Associate bei Taylor Wessing.
Zugleich lässt der Entwurf die strukturellen Herausforderungen des Berufsstands außer Acht: Der Generationswechsel verschärft sich, viele Steuerberater der Babyboomer-Generation treten in den Ruhestand, während jüngere Berufsträger zunehmend die Sicherheit einer Anstellung bevorzugen. Parallel wächst der Investitionsdruck durch digitale Plattformen, Automatisierung und KI-gestützte Tools.
„Ein zu rigides Fremdbesitzverbot droht den Zugang zu dringend benötigtem Kapital zu blockieren – und damit die notwendige Modernisierung des Berufsstands zu erschweren“, warnt Anne-Kathrin Hoppe, Salary Partnerin bei Taylor Wessing.
Während Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte strikten Fremdbesitzbeschränkungen unterliegen, ist zum Beispiel die Beteiligung von Finanzinvestoren an Arztpraxen in Deutschland möglich. Warum wirtschaftliche Interessen von Mandanten stärker geschützt sein sollen als die Gesundheit von Patienten, bleibt offen.
Die Unabhängigkeit der Berufsträger ist ein legitimes Ziel, sollte jedoch nicht allein durch starre Beteiligungsverbote abgesichert werden. Berufsspezifische Corporate-Governance-Strukturen, die die Weisungsfreiheit der Steuerberater gegenüber Nicht-Berufsträgern garantieren, könnten die Unabhängigkeit und Beratungsqualität ebenso effektiv sichern – ohne notwendiges Kapital und sinnvolle Kooperationen pauschal auszuschließen.
Das erklärte Ziel des Referentenentwurfs ist die Absicherung der Unabhängigkeit des Berufsstands. In der Praxis würde er jedoch die derzeit gängige Beteiligungsstruktur von Finanzinvestoren über EU-/EWR-Prüfungsgesellschaften unterbinden, internationale Kooperationen erschweren, dringend benötigte Kapitalzuflüsse für Digitalisierung und Nachfolge ausbremsen und zugleich europarechtlich sowie verfassungsrechtlich angreifbar sein.
von Anne-Kathrin Hoppe und Dr. Martin Jäger