19. August 2025
Die Entscheidung von Bundeskanzler Merz, den Export von Waffen nach Israel zu stoppen, hat für viel Aufsehen gesorgt. Aber was bedeutet der „Exportstopp“ eigentlich aus rechtlicher Sicht und welche Rüstungsgüter sind umfasst?
Mit einem Anteil von ca. 30 % war Deutschland in den vergangenen Jahren nach den USA der zweitwichtigste Lieferant von Rüstungsgütern für Israel. So wurden zwischen dem 7. Oktober 2023 und Mai 2025 Rüstungsgüter im Wert von fast 500 Mio. Euro nach Israel exportiert. Die deutschen Exporte umfassten dabei größtenteils maritime Systeme, Flugabwehr, aber auch Schutzausrüstung.
Welche Rüstungsgüter sind betroffen?
Gestoppt werden sollen jetzt Exporte von „Rüstungsgütern, die im Gazastreifen zum Einsatz kommen können“. Konkretere Angaben macht die Bundesregierung bisher auch auf Nachfrage nicht, da es sich stets um Einzelfallentscheidungen handele. Merz führt jedoch in seinem Sechs-Punkte-Papier aus, dass Rüstungsgüter der Luft- und Seeverteidigung, die zentral für die Selbstverteidigung Israels sind, nicht von dem Exportverbot erfasst sein werden. Der Exportstopp wird sich demnach vor allem auf Munition und Waffensysteme der Landstreitkräfte beschränken.
Was heißt „Exportstopp“ rechtlich genau?
Merz begründet seine Entscheidung mit der humanitären Lage im Gazastreifen und der Entscheidung des israelischen Sicherheitsrates, den gesamten Gazastreifen einzunehmen, also noch härter militärisch vorzugehen.
Ist ein solcher „Exportstopp“ rechtlich ohne weiteres möglich? Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter werden nach dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) erteilt. Sie können widerrufen werden, wenn durch nachträglich eingetretene Tatsachen eine Genehmigung nicht zu erlassen wäre und das öffentliche Interesse ohne den Widerruf gefährdet wäre. Dem BAFA als zuständiger Behörde kommt dabei ein sog. Ermessensspielraum zu, der von den Verwaltungsgerichten nur eingeschränkt überprüfbar ist. Der Widerruf einer Ausfuhrgenehmigung muss zumindest insofern begründet sein, dass dieser nachvollziehbar und überprüfbar ist.
Bei Kriegswaffen findet zusätzlich das Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKontrG) Anwendung. Eine Genehmigung kann nach § 7 Abs. 1 KrWaffKontrG vom zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie („BMWE") jederzeit widerrufen werden. Ein Widerruf darf aber nicht willkürlich erfolgen. Tritt einer der Gründe aus § 6 Abs. 3 KrWaffKontrG nachträglich ein, also z. B. die Gefahr eines friedensstörenden Einsatzes oder eine Verletzung der völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands, muss die Genehmigung sogar widerrufen werden. Dem Genehmigungsinhaber kommt in diesem Fall jedoch ein Aufwendungsersatzanspruch gegenüber dem Bund nach § 9 Abs. 1 KrWaffKontrG zu.
Wie die zuständigen Behörden ihren Beurteilungsspielraum nutzen und möglicherweise eine Ausfuhrgenehmigung begründen, ist von einer Einzelfallbetrachtung abhängig. In der Vergangenheit haben die zuständigen Behörden den Widerruf von Ausfuhrgenehmigungen jedoch regelmäßig damit begründet, dass sich die sicherheitspolitische Lage in der Zielregion zugespitzt habe und ein Export von Rüstungsgütern daher nicht mehr mit der verantwortungsbewussten auf Frieden, Stabilität, Beachtung der Menschenrechte und des Völkerrechts ausgerichteten Exportpolitik Deutschlands vereinbaren lasse. Als Kriterium dient dabei unter anderem das Bestehen eines bewaffneten Konfliktes zwischen dem Empfängerland und einem anderen Land. Ebenfalls wird oft eine massive Verschlechterung der politischen Situation im Zielland angeführt.
Andere Länder sind noch restriktiver. So haben die Niederlande bereits 2024 die Lieferung von F-35-Bauteilen eingestellt. Italien hat seit dem 7. Oktober 2023 keine neuen Genehmigungen für Rüstungsexporte mehr erteilt.
Was ist zu tun?
Betroffene Unternehmen können gegen einen Widerruf beim zuständigen Verwaltungsgericht Klage erheben. Einige Unternehmen haben bereits angekündigt, die Produktion ins Ausland zu verlagern, um nicht mehr einem deutschen Genehmigungserfordernis zu unterliegen.
Wenn Sie Fragen zum Thema haben, berät Sie Ihr Taylor Wessing-Team gerne!