19. April 2023
Die Bundesregierung hat am 12.04.2023 den Referentenentwurf für das "Zukunftsfinanzierungsgesetz" (ZuFinG) veröffentlicht. Das Zukunftsfinanzierungsgesetz soll umfangreiche Maßnahmen zusammenführen und Regelungen aus dem Gesellschaftsrecht, dem Kapitalmarkt- und dem Steuerrecht bündeln. Dadurch soll die Attraktivität des Finanzstandorts Deutschland, insbesondere für Start-ups, Wachstumsunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU), erhöht werden.
Im Insight beleuchten Elnaz Mehrkhah und Bert Kimpel die steuerlichen Regelungen im Zusammenhang mit Mitarbeiterbeteiligungen.
Mitarbeiterbeteiligungen sind ein wichtiges Instrument für Startups und Wachstumsunternehmen, die häufig auf attraktive, aber liquiditätsschonende Vergütungsmodelle für ihre Mitarbeiter in den Schlüsselfunktionen angewiesen sind. Als Anreiz sollen die Mitarbeiter durch Übertragung von Anteilen am Unternehmen des Arbeitgebers am Unternehmenserfolg und seiner Entwicklung beteiligt werden. Durch die unentgeltliche oder vergünstigte Vermögensübertragung sehen sich die Mitarbeiter regelmäßig mit der sog. „dry income“-Problematik konfrontiert. Dem Mitarbeiter fließt im Zeitpunkt der Übertragung der GmbH-Anteile oder Aktien kein Bargeld oder sonstige Liquidität zu, sondern ein Unternehmensanteil. Der Mitarbeiter hat ein Einkommen (engl. „income“) ohne Geldfluss (engl. „dry“, trocken). Die Wertdifferenz zwischen etwaigem Kaufpreis und Verkehrswert ist nichtsdestotrotz als geldwerter Vorteil zu versteuern und unterliegt der Lohnsteuer. Der Mitarbeiter müsste also eigenes Geld einsetzen oder gar beschaffen, um die entstandene Einkommensteuer zu begleichen.
Zur Entschärfung dieser „dry income“-Problematik führte der Gesetzgeber mit dem Fondsstandortgesetz im Sommer 2021 die Vorschrift des § 19a EStG ein, wonach unter bestimmten Voraussetzungen die Besteuerung gestundet wird und erst nachgelagert erfolgt.
Die Regelung in der aktuell geltenden Fassung soll nur Anwendung finden auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gemäß der Definition der Europäischen Kommission, demnach nur Unternehmen, die
Diese Anforderungen wurden seit der Einführung der Vorschrift (2021) teilweise als zu restriktiv kritisiert und sollen nun im Zuge des Zukunftsfinanzierungsgesetzes überarbeitet werden und alle Unternehmen erfassen, die
Damit sind die Schwellenwerte verdoppelt und hinsichtlich der relevanten Beobachtungsjahre zeitlich von zwei auf sieben Jahre und hinsichtlich des maßgeblichen Gründungszeitraums des Unternehmens von 12 auf 20 Jahre erweitert.
Weiterhin sieht die aktuell geltende Fassung des § 19a EStG folgende Realisationstatbestände vor und gibt damit vor, wann spätestens die (gestundete) Besteuerung zu erfolgen hat:
Damit muss nach der aktuellen Gesetzeslage eine Versteuerung des geldwerten Vorteils spätestens nach zwölf Jahren erfolgen bzw. was in der Praxis wesentlich einschneidender ist, im Falle eines Arbeitgeberwechsels. Auch diese Aspekte wurden in der Vergangenheit substanziell kritisiert und sollen nun im Zuge des Zukunftsfinanzierungsgesetzes wie folgt überarbeitet werden:
Mit der Möglichkeit der Haftungsübernahme durch den Arbeitgeber sind die Realisationstatbestände entschärft. Weiterhin wird die Vorschrift durch die Möglichkeit einer Pauschalbesteuerung sowie Erfassung weiterer praxisrelevanten Fallgestaltungen wesentlich attraktiver.
Weiterhin soll der Freibetrag für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen (§ 3 Nr. 39 Satz 1 EStG) von derzeit 1.440 EUR auf 5.000 EUR erhöht werden. Das bedeutet, dass ein Betrag von 5.000 EUR bei der Besteuerung immer frei bleiben soll und die Steuerbemessungsgrundlage mindert. Ist der gewährte geldwert Vorteil höher, müssen nicht die gesamten Einnahmen versteuert werden, sondern nur der den Freibetrag übersteigende Teil der Einnahmen ist steuerpflichtig.
Keine Änderung wird es bezüglich der begünstigten Vermögensbeteiligungen geben, die bereits in der aktuellen Fassung der Vorschrift (§19a EStG iVm § 2 Fünftes Vermögensbildungsgesetz) abschließend aufgezählt sind. Die Vermögensbeteiligung muss am Unternehmen des Arbeitgebers bestehen. Dies sind insbesondere
Auch künftig soll es dabeibleiben, dass das Unternehmen die Vermögensbeteiligung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewähren muss. Das bedeutet, dass Fälle der Gehaltsumwandlung nicht nach § 19a EStG begünstigt sind. Dadurch sollen unerwünschte Gestaltungen (Lohnoptimierungen) vermieden werden.
Schließlich bleibt es auch nach den geplanten Änderungen dabei, dass die Vorschrift lediglich die sog. „echten“ Beteiligungen begünstigt. Gemeint sind Mitarbeiterbeteiligungen, bei denen „echte“ Anteile am Unternehmen des Arbeitgebers unentgeltlich oder vergünstigt auf die Mitarbeiter übertragen werden. Damit sind sog. virtuelle Mitarbeiterbeteiligungen (VSOPs) von der Regelung nicht erfasst.
Insgesamt soll durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz der Anwendungsbereich des Steuerstundungsmodells des § 19a EStG deutlich erweitert und dessen Praxistauglichkeit verbessert werden.
In einem nachfolgenden Newsletter werden wir weitere spannende Themen bearbeiten, wie z.B. die Fragestellung, ob es sich vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen lohnt, ein VSOP in ein ESOP umzuwandeln oder die Frage, ob auch die Aktien einer US-Aktiengesellschaft in den Anwendungsbereich des § 19a EStG fallen und als begünstigte Vermögensbeteiligungen qualifizieren.
von Dr. Bert Kimpel und Elnaz Mehrkhah
von Dr. Bert Kimpel und Elnaz Mehrkhah