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25. November 2022

Herabsetzung von Geldbußen durch das tschechische Kartellamt dank eines Compliance-Programms?

  • Briefing

This article is also available in English and Czech.

Tschechische Unternehmen gewöhnen sich allmählich an die Implementierung von Compliance-Programmen in ihre internen Prozesse. Diese Einführung erfolgt hauptsächlich im Bemühen, die Folgen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von juristischen Personen zu mildern.

Einige multinationale Konzerne machen dies im Hinblick auf eine gemeinsame Firmenpolitik und versuchen, einheitliche unternehmensinterne Prozesse einzuhalten, um potenzielle Rechtsstreitigkeiten, Schadenersatzansprüche, hohe Geldstrafen oder eine langfristige Schädigung des Rufs des Unternehmens zu vermeiden.

Es ist ein deutliches Bemühen erkennbar sicherzustellen, dass ein Compliance-Programm tatsächlich wirksam ist und ordnungsgemäß umgesetzt wird. Daher liegt der Schwerpunkt auf der Schaffung adäquater interner Regeln (insbesondere Regeln für das Verhalten im Wettbewerb und für die Korruptionsbekämpfung im öffentlichen und privaten Sektor) sowie auf der tatsächlichen Durchsetzung der Regeln und der Realisierung des Compliance-Programms (z. B. regelmäßige Schulungen der Arbeitnehmer, Ernennung eines Compliance-Beauftragten, Überwachungs- und Berichterstattungsverfahren, etc.).

Einer der Gründe, warum sich Gesellschaften um die ordnungsgemäße Einführung von Compliance-Programmen bemühen, ist unter anderem die Tatsache, dass Wettbewerbsbehörden in vielen ausländischen Jurisdiktionen bestehende Compliance-Programme von Unternehmen bei der Festlegung von Geldstrafen mitberücksichtigen. Bisher hat das tschechische Kartellamt („Amt“) bei der Verhängung von Geldbußen Compliance-Programme nicht berücksichtigt. Dies hat sich jedoch mit der Entscheidung des Amtes vom 5. September 2022 (Az. ÚOHS-S0365/2020/KD) geändert, als das Amt zum ersten Mal in der Geschichte bei Festlegung der Höhe einer Geldstrafe einen „Strafnachlass“ für die Umsetzung eines Compliance-Programms gewährte.

Worüber hat das Amt entschieden?

Das Amt verhängte gegen einen Wettbewerber, einem der größten Kerzenlieferanten in der Tschechischen Republik und der Slowakei, wegen des Abschlusses verbotener Vereinbarungen über die direkte Preisfestsetzung beim Weiterverkauf eine Geldbuße in Höhe von fast CZK 18 Mio. Der Wettbewerber hatte den Wettbewerb mit der Lieferung von Luxusmarken des „Aromasortiments“ verfälscht, indem er insbesondere für seine Abnehmer über mehrere Jahre hinweg feste Mindestpreise für den Verkauf an Verbraucher festlegte, die Einhaltung seiner Preisempfehlungen kontrollierte und die Abnehmer aufforderte, die Preise auf das von ihm festgelegte Niveau zu erhöhen. Der Wettbewerber drohte den Abnehmern, die unter den festgelegten Preisen verkaufen wollten, die Lieferungen einzustellen oder die Zusammenarbeit zu beenden. Infolgedessen wurde der Wettbewerb beschränkt und das Verkaufspreisniveau zum Nachteil des Endverbrauchers künstlich erhöht.

Bei Festlegung der Geldbuße berücksichtigte das Amt mehrere Aspekte. So wurden z.B. die Tatsache, dass es sich um eine harte Beschränkung des Wettbewerbs (vertikale Preisbindung) handelte, die starke Marktposition des Wettbewerbers und die Dauer des wettbewerbswidrigen Verhaltens (ca. sieben Jahre) als erschwerend gewertet. Als mildernder Umstand wurde neben den nachträglichen Reparationsmaßnahmen des Wettbewerbers erstmals die Tatsache mitberücksichtigt, dass der Wettbewerber die Einführung eines maßgeschneiderten Compliance-Programms nachgewiesen hatte. Das Amt hielt dieses Compliance-Programm im Hinblick auf das Funktionieren des Wettbewerbs auf dem relevanten Markt, die Eigenschaften und den Typ der Waren, das Geschäftsmodell und die Größe des Wettbewerbers für ausreichend wirksam.

Auswirkungen auf die Praxis

Diese Entscheidung des Amtes ist bereits in Kraft getreten. Einem auf dem tschechischen Markt tätigen Wettbewerber wird damit eine neue Entscheidungspraxis des Amtes an die Hand gegeben, die eindeutig die Zweckmäßigkeit der Umsetzung und Aktualisierung von Compliance-Programmen hervorhebt.

Im Idealfall sollte ein maßgeschneidertes (tailor-made) Compliance-Programm eingeführt werden.

Im Anschluss an die Entscheidung hat das Amt auch einen kurzen begleitenden Leitfaden zur Mitberücksichtigung von Compliance-Programmen bei der Verhängung von Geldbußen veröffentlicht. Das Amt hat darin über das oben genannte hinausgehend betont, dass es in keinem Fall nur formale Compliance-Programme, die nicht mit einer wirksamen Durchsetzung konkreter Maßnahmen und Kontrollen verbunden sind, berücksichtigen werde. Als zusätzlicher mildernder Umstand kann auch die Tatsache betrachtet werden, dass das wettbewerbswidrige Verhalten im Falle eines bereits bestehenden Compliance-Programms ohne Wissen der Geschäftsführung des betreffenden Wettbewerbers erfolgte. Das Amt wies ferner darauf hin, dass es zwar bereit sei, Compliance-Programme zu berücksichtigen, die vor als auch nach der behördlichen Untersuchung eingeführt wurden, dass es jedoch beabsichtige, eindeutig den Programmen Vorzug einzuräumen, die bereits vor der Untersuchung eingeführt wurden. Auch diese Umstände unterstreichen die Bedeutung der präventiven Umsetzung von Compliance-Programmen und ihrer regelmäßigen Aktualisierung.

Vergleich mit dem Ausland

Mit seiner Entscheidung spiegelt das Amt einen Trend wider, der bereits bei Wettbewerbsbehörden in anderen relevanten Jurisdiktionen zu beobachten ist.

Bei der Verhängung von Geldbußen berücksichtigt z.B. das deutsche Bundeskartellamt ex lege (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) Maßnahmen, die ein Wettbewerber getroffen hat, um wettbewerbswidriges Verhalten zu verhindern und besser aufzudecken – also Maßnahmen, die sowohl vor als auch nach dem wettbewerbswidrigen Verhalten eingeführt wurden. In der deutschen Rechtsprechung wird insbesondere betont, dass es sich bei einem Compliance-Programm um eine wirksame und nicht nur formale Maßnahme handeln muss, damit eine Geldbuße herabgesetzt werden kann (siehe z. B. Az. B1-40/06; B1-110/09).

Schlussbemerkungen

Wie aus den obigen Ausführungen hervorgeht, bringt die Umsetzung eines Compliance-Programms auf dem tschechischen Markt tätigen Unternehmen eine Reihe von Vorteilen.

In Anbetracht der Komplexität der betreffenden Rechtsvorschriften und im Interesse eines tatsächlich wirksamen Compliance-Programms erfordert die Einführung eines Compliance-Programms in der Praxis zwangsläufig die Einbeziehung qualifizierter Experten für Compliance- und Wettbewerbsrecht.

Für nähere Informationen zu unseren Diensten, steht Ihnen unser Compliance-Team gerne zur Verfügung.

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