Autor

Dr. Christian Frank, Licencié en droit (Paris II / Panthéon-Assas)

Partner

Read More
Autor

Dr. Christian Frank, Licencié en droit (Paris II / Panthéon-Assas)

Partner

Read More

20. Juli 2022

Internationale Zuständigkeit

  • Briefing

Volume 2

# GeschGehG: Unterlassungsanspruch, § 6; Internationale Zuständigkeit, Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO, § 15 Abs. 2 S. 2 GeschGehG.  

# Richtlinie Art. 6 Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe, Art. 10 Vorläufige und vorbeugende Maßnahmen

Letzte Woche hatten wir uns bereits mit Fragen der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte für den Schutz von Geschäftsgeheimnissen befasst. Das Schutzkonzept des Gesetzes ermöglicht es dem Inhaber, auch gegen nachgelagerte Täter vorzugehen, die an ein Geschäftsgeheimnis gelangt sind, welches aus einer vorangegangen rechtswidrigen Erlangung oder Offenlegung eines anderen stammt. Ein nachgelagerter Täter haftet allerdings nur, wenn er bei Erlangung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses von der rechtswidrigen Vortat wusste oder dies hätten wissen müssen, § 4 Abs. 3 GeschGehG, Art. 4 Abs. 4 Richtlinie. Dieser lange Arm des Gesetzes ist in der Praxis wichtig, denn er ermöglicht dem Inhaber, auch gegen die Hintermänner der Tat vorzugehen, deren tatsächliche Verwertungsmöglichkeiten den durch den unmittelbaren Täter bereits entstandenen Schaden exorbitant multiplizieren können. Befinden sich selbige im Ausland, stellt sich die Frage, ob die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben ist, der Inhaber die Verletzung des Geschäftsgeheimnisgesetzes somit im Inland geltend machen kann.

Was ist der Begehungsort?

Aus der Regelung zur örtlichen Zuständigkeit in § 15 Geschäftsgeheimnisgesetz wird die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte abgeleitet. Hat der nachgelagerte Täter im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, ist nach § 15 Abs 2 S.2 „nur“ das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen worden ist. Die Zuständigkeit der Gerichte des Begehungsortes findet sich in vielen Regelungen zu deliktischen Ansprüchen; sie ist ähnlich u.a. in § 32 ZPO, § 14 Abs. 2 S. 2 UWG oder Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO enthalten. Der Begehungsort umfasst nach allgemeinem Verständnis sowohl den Ort, an dem der Täter des Delikts gehandelt hat als auch den Ort, an dem der Erfolg der deliktischen Handlung eingetreten ist.

Was tun, wenn Hintermänner im Ausland ansässig sind?

Das OLG Düsseldorf hat hierzu am 25. November 2021 eine wichtige Entscheidung (Az 15 SA 1/21) getroffen: Der Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses wollte wegen einer Verletzung seiner Geschäftsgeheimnisse sowohl gegen einen im Inland ansässigen Wettbewerber vorgehen – den unmittelbaren Täter – als auch gegen dessen Konzernmutter und deren gesetzliche Vertreter. Letztere waren in den Niederlanden bzw. Spanien ansässig. Der Inhaber warf ihnen vor, die Geschäftstätigkeit des unmittelbaren Täters zu steuern und zu überwachen. Er nahm alle Beteiligten u.a. auf Unterlassung und Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch. Hierfür musste die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte in Bezug auf alle Prozessgegner gegeben sein. Das OLG stellte hierbei klar, dass wenn mehrere Verursacher an unterschiedlichen Orten gehandelt haben, der Handlungsort des Haupttäters anderen Teilnehmern der Tat nicht automatisch zugerechnet werde. Maßgeblich sei insoweit, wo sie jeweils selber gehandelt hätten.

Wo liegt der Erfolgsort einer Geschäftsgeheimnisverletzung?

Das OLG Düsseldorf bejahte die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte auch in Bezug auf die in den Niederlanden und Spanien ansässigen Beklagten auf der Grundlage von Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO, der als vorrangig anzuwendendes EU-Recht § 15 Abs. 2 S. 2 Geschäftsgeheimnisgesetz verdrängt. Hiernach sind für unerlaubte Handlungen die Gerichte des Ortes zuständig, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Dem OLG Düsseldorf zufolge zählt eine Geschäftsgeheimnisverletzung zu den unerlaubten Handlungen iSv Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO, welche alle Ansprüche aus Anlass der Rechtsverletzung umfasse, also solche auf Unterlassung, Beseitigung, Geldersatz und Auskunft. Der „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht“, sei nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sowohl den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs („Erfolgsort“) als auch der Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens („Handlungsort“). Damit könne ein Beklagter nach Wahl des Klägers vor dem Gericht eines dieser beiden Orte verklagt werden.

Der Erfolgsort der Geschäftsgeheimnisverletzung liegt nach Ansicht des OLG Düsseldorf im Inland: Da die Klägerin eine Geschäftsgeheimnisverletzung geltend mache, sei davon auszugehen, dass ein Schaden in Deutschland verwirklicht sei, weil es um Geschäftsgeheimnisse der im Inland geschäftsansässigen und hier wirtschaftlich aktiven Klägerin gehe. Der Erfolgsort sei am Sitz der Klägerin als der betroffenen Rechtsinhaberin zu lokalisieren.

Düsseldorf vs. Karlsruhe

Die Entscheidung steht im Widerspruch zum Beschluss des OLG Karlsruhe vom 31. März 2022 zu einer vergleichbaren, allerdings nach § 15 Abs. 2 S. 2 Geschäftsgeheimnisgesetz zu beurteilenden Konstellation, über die wir letzte Woche berichtet haben. Letzteres hatte die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte verneint: Der Erfolg einer Geschäftsgeheimnisverletzung sei nicht eine bei dessen Inhaber spürbare Beeinträchtigung, sondern bereits die Erlangung, Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses - unabhängig von der Wirkung auf den Inhaber. Handlungs- und Erfolgsort seien somit identisch. Folglich verneinte es die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte am Sitz der Klägerin als der betroffenen Rechtsinhaberin.

Call To Action Arrow Image

Newsletter-Anmeldung

Wählen Sie aus unserem Angebot Ihre Interessen aus!

Jetzt abonnieren
Jetzt abonnieren