Autor

Dr. Severin Sarfert

Associate

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6. Januar 2022

Mitarbeiterbeteiligung – Quo vadis?

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Die Beteiligung von Mitarbeitern ist ein bewährtes Mittel, um ihre Leistungsbereitschaft und ihre Identifikation mit dem Unternehmen zu steigern. Besonders häufig werden Mitarbeiterbeteiligungen in Form von sogenannten Belegschaftsaktien oder durch Aktienoptionen ausgegeben. In den letzten Jahren war die Mitarbeiterbeteiligung zunehmend Gegenstand politischer und gesellschaftlicher Diskussionen.

Schon im Jahre 2018 vereinbarten CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag: „Wir werden neue Möglichkeiten der Mitarbeiterbeteiligung prüfen“. Insbesondere die deutsche Start-up-Branche erhoffte sich infolgedessen nachhaltige Reformen und versuchte über zahlreiche Interessenverbände, verstärkt auf diese hinzuwirken. Der Gesetzgeber müsse in erster Linie die steuerrechtlichen Nachteile beseitigen. Außerdem müsse auf gesellschaftsrechtlicher Ebene der finanzielle und administrative Aufwand bei der Übertragung dinglicher Anteile abgebaut werden.

Das Fondsstandortgesetz

Am 1. Juli 2021 trat schließlich das Fondsstandortgesetz in Kraft. Das Gesetz hebt den steuerfreien Höchstbetrag für Vermögensbeteiligungen von 360 € auf 1.440 € pro Jahr an. Außerdem sind Einkünfte aus Mitarbeiterbeteiligungen jetzt erst dann zu versteuern, wenn die Beteiligung durch den Arbeitnehmer veräußert wird, bei einem Arbeitgeberwechsel oder spätestens zwölf Jahre nach Erhalt der Beteiligung. Vor der Reform waren die Beteiligungen von Arbeitnehmern regelmäßig schon bei ihrem Erhalt als geldwerter Vorteil zu versteuern. Diese Konstellation wird häufig als Dry-Income-Problematik bezeichnet, da die Beteiligung schon besteuert wird, obwohl der Arbeitnehmer noch keinen liquiden Vermögensvorteil erhalten hat. 

Resonanz

Zurecht reagierte die Gründerszene überwiegend enttäuscht auf das Gesetz. In einer Stellungnahme des Bundesverbandes Deutsche Startups e.V. zum Referentenentwurf urteilte dieser etwa: „Der aktuelle Entwurfsstand deckt sich nicht mit den Bedürfnissen der Praxis.“
 
Der Freibetrag ist nach wie vor deutlich zu gering, um Mitarbeiterbeteiligungen nachhaltig attraktiver zu machen. Start-ups profitieren außerdem nur selten von der Reform, da sie ihre Mitarbeiter zum größten Teil über virtuelle Anteile beteiligen. Diese Art der Beteiligung ist jedoch von der Reform nicht erfasst.

Auch die damalige Opposition machte ihrem Ärger über Social Media Luft.  So twittere etwa Christian Lindner am 20. Januar 2021: „Bei der Mitarbeiterbeteiligung an Unternehmen soll der Freibetrag auf 720 Euro steigen (Anm: der damalige Entwurf sah 720 € vor). So belohnen wir nicht Leistung und so werden wir keine #Eigentümernation. Sorry, aber mit so provinzieller Politik helfen wir auch nicht den #Startups in Deutschland. CL“.  Kritik kam aber auch aus anderen politischen Lagern. Der Grünen-Politiker Danyal Bayaz reagierte auch via Twitter auf den Gesetzentwurf: „Mitarbeiterbeteiligung ist zentral für #Startups, um Fachkräfte zu gewinnen. Kabinettsentwurf wird dem nicht gerecht: steuerlicher Freibetrag ist marginal und Dry-Income birgt in dieser Form Nachteile für die Mitarbeiter. Parlament muss das Gesetz besser machen.“

Ausblick

Mittlerweile sind sowohl die FDP als auch Die Grünen an der Regierung beteiligt. Christian Lindner ist sogar Finanzminister. Im Koalitionsvertrag der „Ampel-Koalition“ heißt es: „Wir werden die Mitarbeiterkapitalbeteiligung für Start-ups attraktiver gestalten.“

Es bleibt abzuwarten, ob die Regierungsparteien diesem Versprechen gerecht werden. In einer groß angelegten Studie des Venture Capital Fonds Index Ventures, welche die Voraussetzungen der Mitarbeiterbeteiligungen in verschiedenen Ländern untersucht und bewertet, belegt Deutschland aktuell im Vergleich mit 24 Ländern einen mit Belgien geteilten letzten Platz. 

Es ist für deutsche Start-ups kaum möglich, auf dem internationalen Arbeitsmarkt qualifiziertes Personal ohne praktikable Beteiligungsmodelle zu rekrutieren. Ohne entsprechende Reformen wird Deutschland mittelfristig als Gründerstandort nicht konkurrenzfähig sein. Da Start-ups für das Innovations- und Wachstumspotential der deutschen Wirtschaft unabkömmlich sind, muss Deutschland als Standort für Gründer attraktiv bleiben.

Mit Spannung wird daher zu verfolgen sein, ob die neue Regierung nachhaltige Veränderungen auf dem Gebiet der Mitarbeiterbeteiligung wagt oder sich auf der jüngst verabschiedeten Reform ausruht.

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