26. März 2018
Der Begrif Compliance kommt aus dem anglo-amerikanischen Sprachgebrauch und meint die Einhaltung der bestehenden Gesetze. Compliance-Systeme werden vorwiegend in größeren, insbesondere börsennotierten Unternehmen eingerichtet. Häuig konzentrieren sich solche Compliance-Systeme auf Kernthemen wie Korruption, Kartellrecht oder Datenschutz. In den vergangenen Jahren ist auch die Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorschriften zunehmend in den Fokus gerückt (sog. HR-Compliance). Verantwortlich hierfür ist der Gesetzgeber, der zunehmend versucht, die Einhaltung von Arbeitsrechtsvorschriften durch persönliche Sanktionierung der Geschäftsführung im Falle eines Normenverstoßes herbeizuführen (vgl. z.B. das Mindestlohngesetz).Unterlässt der Geschäftsführer die erforderlichen Maßnahmen zur Verhinderung ordnungswidrigen oder strafbaren Verhaltens oder versäumt er eine entsprechende Unternehmensorganisation zu etablieren, kann er durch eine solche Aufsichtsplichtverletzung selbst eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat begehen, die mit einer hohen Geldbuße, Geldstrafe oder sogar Freiheitsstrafe geahndet werden kann. Damit dem Geschäftsführer der Nachweis einer ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufsichtsplicht und damit die Enthaftung gelingen kann, ist eine eiziente HR-Compliance-Organisation unabdingbar. Dies gilt nicht mehr nur für große börsennotierte Gesellschaften, sondern für alle Unternehmen.
Die folgende Zusammenfassung gibt einen – auf Grund der Vielzahl der bestehenden Regelungen jedoch nicht abschließenden – Überblick über arbeitsrechtliche Vorschriften, welche Verstöße als Straftat oder Ordnungswidrigkeiten ahnden.
Die Compliance-Pflicht trifft die Geschäftsführung als Gesamtorgan. Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist § 43 Abs. 1 GmbHG, wonach der Geschäftsführer in allen Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden hat. Hieraus wird die sog. Legalitätspflicht des Geschäftsführers abgeleitet, wonach der Geschäftsführer sich einerseits selbst rechtstreu verhalten muss, andererseits verpflichtet ist, die zur Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften erforderlichen Strukturen und Prozesse zu schaffen. Der Geschäftsführer muss daher auch für die Einhaltung der maßgeblichen arbeitsrechtlichen Vorschriften sorgen. Compliance-Aufgaben können grundsätzlich durch die Geschäftsverteilung einzelnen Geschäftsführern (sog. horizontale Delegation) oder durch Beschluss auf einzelne Mitarbeiter, z.B. Compliance-Officer, oder externe Dritte (sog. vertikale Delegation) übertragen werden. Durch die Übertragung treffen den Geschäftsführer dann lediglich Leitungs-, Auswahl- und Überwachungspflichten.
Der Geschäftsführer haftet gegenüber der Gesellschaft gem. § 43 Abs. 2 GmbHG für alle Schäden, die auf Grund einer schuldhaften Verletzung der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht entstehen. Diese Sorgfaltspflicht umfasst auch die Einhaltung der wesentlichen arbeitsrechtlichen Vorschriften. Unterlässt der Geschäftsführer Aufsichtsmaßnahmen, die erforderlich sind, um im Unternehmen Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zu verhindern, begeht er gemäß § 130 OWiG durch eine solche Aufsichtspflichtverletzung selbst eine Ordnungswidrigkeit, wenn die Straftat oder Ordnungswidrigkeit durch die Aufsicht zumindest wesentlich erschwert worden wäre.
Will der Geschäftsführer seine gesetzliche Haftung im Arbeitsrecht vermeiden oder reduzieren, sollte er sich eine Enthaftungsstrategie überlegen. Voraussetzung für eine Enthaftung des Geschäftsführers ist zunächst die Delegation der bestehenden HR-Compliance Aufgaben auf Mitarbeiter. Durch eine wirksame Delegation wandeln sich bestehende HR-Compliance-Pflichten grundsätzlich in Auswahl- und Überwachungspflichten. Um den bestehenden Überwachungspflichten zu genügen, empfiehlt sich die Einrichtung einer HR-Compliance-Organisation, welche etwaige Verdachtsfälle zuverlässig an die Geschäftsführung berichtet. Einen einheitlichen Compliance-Standard gibt es dabei nicht. Eine Compliance-Organisation muss vielmehr an der Größe, Branche, Anzahl und Art der Risikofelder der Gesellschaft ausgerichtet werden, wobei der Geschäftsführung ein Beurteilungsspielraum zukommt. Im Einzelnen sind daher die folgenden Maßnahmen für die Etablierung der HR-Compliance-Organisation umzusetzen:
Die Zahl der im Arbeitsrecht zu beachtenden Vorschriften nimmt stetig zu. Damit steigen auch die Haftungsrisiken für die Geschäftsführung, welche für die Einhaltung der Rechtsvorschriften im Unternehmen grundsätzlich verantwortlich ist (§ 43 Abs. 1, 2 GmbHG) und bei Begehung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Unternehmen, welche bei Einhaltung der bestehenden Aufsichtspflichten durch die Geschäftsführung zumindest wesentlich erschwert worden wären, mit einem Bußgeld von bis zu 1 Mio. Euro belangt werden kann (§ 130 OWiG). Eine effiziente HR-Compliance-Organisation dient dazu, Verstöße gegen arbeitsrechtliche Vorschriften zu vermeiden und die vorgenannten Haftungsrisiken für den Geschäftsführer einzuschränken. Soweit sich Mitarbeiter ordnungswidrig oder strafbar verhalten, kann dem Geschäftsführer durch ein wirksames HR-Compliance-System regelmäßig der Nachweis gelingen, dass eine Aufsichtspflichtverletzung im Sinne des § 130 OWiG nicht vorliegt. Auch in der Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft ist eine effiziente HR-Compliance-Organisation in der Regel ein geeigneter Nachweis, dass der Geschäftsführer der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht gem. § 43 GmbHG nachgekommen ist. Eine Enthaftung der Geschäftsführung durch ein effizientes HR-Compliance-System ist faktisch möglich, erfordert jedoch die Bereitschaft der Geschäftsführung, sich einem solchen Prozess zu stellen und den damit verbundenen Aufwand zu verantworten. Die Alternative ist, eine Haftung sehenden Auges billigend in Kauf zu nehmen.
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von mehreren Autoren
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