Es kommt also auf den Zeitpunkt und die Mittel des Vertragsschlusses an: Wird die Ware bereits online verkauft und nur im Ladengeschäft abgeholt oder wird ein Produkt reserviert und der Vertragsschluss findet anschließend im Ladengeschäft statt?
Denkbar sind folgende Konstellationen:
1. „Click & Collect“ – Vertragsschluss online
Möglich ist, dass der Vertragsschluss (also Angebot und Annahme) vollständig online stattfindet und der Verbraucher seine Bestellung dann lediglich im Ladengeschäft des Unternehmers abholt. Keinen Unterschied macht es in diesem Fall, ob die Bestellung mit einer Onlinezahlung (bspw. über PayPal) bezahlt wird oder vor Ort. Diese Ausgestaltung ist der eines herkömmlichen Onlineshops am nächsten. Der Verbraucher verwendet nur nicht seine eigene Anschrift als Lieferanschrift für seine Bestellung, sondern die des Unternehmers.
In dieser Konstellation sind alle drei Voraussetzungen eines Fernabsatzgeschäfts in der Regel erfüllt. Der Unternehmer hat entsprechend seinen Informationspflichten nachzukommen und dem Verbraucher steht ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu.
2. „Click & Reserve“ – Reservierung online
Alternativ kann der Unternehmer ausschließlich die Reservierung von Waren über das Internet gestatten und den Vertragsschluss auf einen späteren Zeitpunkt verschieben – nämlich auf den Zeitpunkt der Abholung. Auf diese Weise ist die Reservierung lediglich als Terminansprache zu verstehen, die noch keinen Vertragsschluss darstellt.
Damit besteht für beide Seiten allein wegen der Onlineinteraktion noch keine Rechtsbindung. Der Verbraucher kann sich vor Ort die reservierten Waren – wie im klassischen stationären Handel – noch einmal ansehen und dann entscheiden, sie zu kaufen oder eben nicht. Angebot und Annahme werden vor Ort abgegeben.
Der Verbraucher ist also weder besonders schutzbedürftig (wie im Onlinehandel), noch sind die gesetzlichen Voraussetzungen des Fernabsatzgeschäfts erfüllt. Es gibt also kein Widerrufsrecht für den Verbraucher und der Unternehmer muss auch nicht die Informationspflichten des Fernabsatzrechts erfüllen.
3. „Click & …?“ – Vertragsangebot online, Vertragsannahme vor Ort
So weit, so klar. Nun ist es nicht verwunderlich, dass Unternehmer versuchen, mit Hybridmodellen auch in weniger klaren Konstellationen den Informationspflichten zu entgehen und das Widerrufsrecht zu vermeiden. Außerdem wäre es für den Unternehmer viel angenehmer, wenn trotzdem für den Verbraucher bereits online eine Rechtsbindung entstehen würde.
Anknüpfungspunkt für solche Versuche sind die AGB, die der jeweilige Unternehmer zum Einsatz bringt. Darin kann der Unternehmer beispielsweise bestimmen, dass der Verbraucher online zwar ein rechtlich bindendes Angebot abgibt, die Annahme dieses Angebots jedoch erst vor Ort erfolgt. Da eine Zahlungspflicht vor Vertragsschluss in AGB nicht wirksam vereinbart werden kann, wird der Unternehmer auch die Zahlungspflicht des Verbrauchers auf den Zeitpunkt der Abholung verschieben. Eine vorherige Zahlungspflicht des Verbrauchers besteht also nicht.
Bei einer solchen vertraglichen Vereinbarung entfällt formal das Merkmal, dass beide für die Vertragshandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden. Entsprechend könnte man sich auf den Standpunkt stellen, dass damit ein Fernabsatzvertrag verneint werden müsse und der besondere Schutz des Verbrauchers entfiele.
Berücksichtigt man allerdings den Schutzzweck der verbraucherschützenden Normen im Fernabsatzrecht, stehen die Argumente für diesen Standpunkt auf sehr wackeligen Füßen. Beispielsweise das Widerrufsrecht dient dazu, einen im Fernabsatz kaufenden Verbraucher so zu stellen, wie einen vor Ort kaufenden. Er soll sich vom Vertrag lösen können, wenn er nach Sichtung und Prüfung der bestellten Ware diese doch nicht kaufen möchte.
Würde man dem Verbraucher durch bloße Vertragsgestaltung diese Möglichkeit nehmen können, obwohl er sich online bereits zum Kauf verpflichtet hat, würde der Schutzzweck des Fernabsatzrechts unterlaufen. Der Unternehmer könnte sich also aussuchen, ob er dem Verbraucher Schutz gewähren möchte oder nicht. Es ist daher äußerst unwahrscheinlich, dass die Gerichte es Unternehmern „durchgehen lassen“ werden, durch bloße vertragsgestalterische Verlagerung ihrer Vertragshandlung den Schutz des Fernabsatzrechts auszuschließen. Nicht umsonst ist einer der Grundsätze des deutschen AGB-Rechts, dass eine Bestimmung in AGB nicht dem wesentlichen Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung widersprechen darf, von der abgewichen werden soll.