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Dr. Susanne Fruhstorfer

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Andreas Howadt, LL.M., LL.B.

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17. März 2021

Die Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie in Österreich

  • Briefing

Worum geht es?

Das derzeit in der Begutachtungsphase befindliche Restrukturierungs- und Insolvenz Richtlinie-Umsetzungsgesetz (RIRL-UG) soll, wie auch der Name schon andeutet, die EU-Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz (kurz zumeist nur Restrukturierungsrichtlinie genannt) in Österreich umsetzen. 

Kernelement der Restrukturierungsrichtlinie und damit auch des geplanten Umsetzungsgesetzes, das Restrukturierungsordnung (ReO) heißen soll, ist eine dem Insolvenzverfahren vorgelagerte präventive Restrukturierung.

Das Restrukturierungsverfahren

Im Rahmen der Umsetzung soll das - wahlweise auch geheime - Restrukturierungsverfahren geschaffen werden. Dieses steht grundsätzlich natürlichen und juristischen Personen, die ein Unternehmen betreiben, zur Verfügung. 

Ausgeschlossen vom Anwendungsbereich des neuen Gesetzes (und damit vom Zugang zum Restrukturierungsverfahren) sollen natürliche Personen, die kein Unternehmen betreiben sowie (weitestgehend) Versicherungsunternehmen und Kreditinstitute sein.

Voraussetzung wahrscheinliche Insolvenz

Voraussetzung für eine Einleitung ist die „wahrscheinliche Insolvenz“ des Schuldners.

Nach der Definition des Gesetzesentwurfes liegt eine wahrscheinliche Insolvenz vor, wenn der Bestand des Unternehmens des Schuldners ohne Restrukturierung gefährdet wäre; dies wäre dann gegeben, wenn Zahlungsunfähigkeit droht oder die Eigenmittelquote 8% unterschreitet und die fiktive Schuldentilgungsdauer 15 Jahre übersteigt.

Ist die Insolvenz bereits eingetreten, steht das Restrukturierungsverfahren nicht zur Verfügung.

Nicht einbezogen werden die Forderungen von Arbeitnehmern, diese sind immer unabhängig vom Zeitpunkt ihres Entstehens voll zu befriedigen. Für Forderungen von Arbeitnehmern besteht auch kein Vollstreckungsschutz.

Wie soll es funktionieren?

Grundsätzlich sind sowohl ein normales als auch ein „vereinfachtes“ Verfahren vorgesehen.

Normales Verfahren

Das normale Verfahren sieht vor, dass ein Schuldner bei „wahrscheinlicher“ Insolvenz die Eröffnung des Restrukturierungsverfahrens bei dem hierfür zuständigen Insolvenzgericht beantragt. 

Dem Antrag auf Einleitung sind diverse Unterlagen anzuschließen, das Verfahren bedarf daher einer gründlichen Vorbereitung.

Wird bei der Einleitung nur ein Restrukturierungskonzept vorgelegt, so ist der Restrukturierungsplan binnen 60 Tagen nachzureichen.

Vollstreckungssperre

Eine Vollstreckungssperre und mit ihr verbunden auch der Schutz vor der Auflösung von für den Fortbetrieb wichtigen Verträgen wird nur auf Antrag des Schuldners gewährt. Sie erstreckt sich außerdem nur auf vom Gericht im Rahmen der Bewilligung genannte Gläubiger. 

Die Vollstreckungssperre gilt nur für 3 Monate, über Antrag kann sie auf maximal 6 Monate verlängert werden.

Rückkehr der Gläubigerklassen und „cram-down“

Neu ist in infolge der Vorgaben der Richtlinie zudem, dass im Restrukturierungsverfahren nunmehr Gläubigerklassen wiedereingeführt werden. Gläubigerklassen wurden in Österreich durch die Insolvenznovelle 1983 abgeschafft. 

Der österreichische Gesetzgeber hat für das Restrukturierungsverfahren nun folgende Klassen vorgesehen:

  • Besicherte Gläubiger 
  • Unbesicherte Gläubiger
  • Anleihegläubiger 
  • Besonders schutzbedürftige Gläubiger (mit Forderungen unter EUR 10.000)
  • Nachrangige Gläubiger

Die Abstimmung über den Restrukturierungsplan erfolgt in Gläubigerklassen. Erforderlich ist eine Kopf und Forderungsmehrheit von 75% in jeder Klasse. Ein Restrukturierungsplan, der nicht in jeder Gläubigerklasse angenommen wurde, kann auf Antrag des Schuldners vom Gericht bestätigt werden (klassenübergreifender „cram-down“). Ein ablehnender Gläubiger kann die Überprüfung beantragen, dass er durch den Restrukturierungsplan nicht schlechter gestellt wird als in einem Insolvenzverfahren nach der Insolvenzordnung im Falle der Verwertung. Ist dieses sogenannte Kriterium der Gläubigerinteressen nicht erfüllt, so muss der Restrukturierungsplan vom Gericht abgelehnt werden.

Eigenverwaltung, Restrukurierungsbeauftragter

Grundsätzlich soll der Schuldner im Restrukturierungsverfahren die Eigenverwaltung behalten. Auf Antrag des Schuldners oder vom Gericht bei Vorliegen bestimmter Umstände kann ein sogenannter Restrukturierungsbeauftragter bestellt werden.
Zwingend ist seine Bestellung, wenn mit der Beantragung kein Restrukturierungsplan vorgelegt wird oder ein klassenübergreifender „cram-down“ geplant ist.

Anfechtungsschutz

Um den Abschluss, beziehungsweise die Finanzierung eines Restrukturierungsplans zu erleichtern, besteht für Finanzierungen (respektive Zwischenfinanzierungen) im Zusammenhang mit Restrukturierungsverfahren ein Anfechtungsschutz in nachfolgenden Insolvenzverfahren. 

Die Anfechtungsfristen der Insolvenzordnung werden um die Dauer des Restrukturierungsverfahrens verlängert.

Vereinfachtes Verfahren

Im vereinfachten Verfahren sollen bereits vorab akkordierte Restrukturierungspläne ohne Eröffnung eines Restrukturierungsverfahrens durch das Gericht bestätigt werden. Es handelt sich um eine Variante des aus England und auch den Niederlanden bekannten „pre-packs“.

Die Voraussetzungen für das vereinfachte „pre-pack-Verfahren“ sind verhältnismäßig streng und es bedarf - mehr noch als das „normale“ Restrukturierungsverfahren - umfangreicher Vorarbeiten. So muss etwa bereits mit dem Antrag ein Gutachten vorgelegt werden, das (unter anderem) bestätigt, dass der vorgelegte Restrukturierungsplan für keinen der betroffenen Gläubiger eine Schlechterstellung zu einem Insolvenzverfahren darstellt. 

Das vereinfachte Verfahren ist nur für sogenannte „Finanzgläubiger“ anwendbar, der Begriff Finanzgläubiger ist jedoch weiter zu sehen als nur Forderungen von Kredit- und Leasinginstituten. So sollen sämtliche Forderungen mit Finanzierungscharakter davon umfasst sein, worunter auch solche von Lieferanten mit untypisch langen Zahlungszielen (mehr als 180 Tage) fallen sollen. 

Der im „normalen“ Restrukturierungsverfahren mögliche klassenübergreifende „cram-down“ steht im vereinfachten Verfahren nicht zur Verfügung. 

Das vereinfachte Restrukturierungsverfahren wird nicht in der Ediktsdatei veröffentlicht. Dieser Vorteil der „Nichtöffentlichkeit“ ist gleichzeitig auch ein Nachteil. Nur ein veröffentlichtes Verfahren wird im Rahmen der europäischen Insolvenzverordnung anerkannt. Die Wirkungen eines vereinfachten Verfahrens sind somit auf Österreich beschränkt.

Abzuwarten bleibt, welche Änderungen des Gesetzesentwurfs  infolge der Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens noch erfolgen werden. Offen ist, wie in der Praxis das doch recht komplizierte und kostspielige neue Verfahren angenommen werden wird. Die wirtschaftlichen Folgen einer Pandemie werden aber alleine durch die Schaffung eines präventiven Restrukturierungsverfahrens nicht bewältigt werden können.

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