30. November 2020
Österreich plant im Rahmen des COVID-19-Steuermaßnahmengesetzes die Einführung einer Zinsschranke zum 1.1.2021. Die Implementierung einer solchen Regelung ist nach Ansicht der EU-Kommission zwecks Umsetzung der Vorgaben der EU-Anti-BEPS-Richtlinie bereits zu diesem frühen Zeitpunkt (und nicht erst – wie ursprünglich geplant – zum 1.1.2024) erforderlich.
Sinn und Zweck einer solchen Zinsschranke ist, überhöhte Zinsaufwendungen von Gesellschaften in Hochsteuerländern mit einem hohen (überschüssigen) Fremdkapitalanteil zu verhindern. Dabei wird die steuerliche Abzugsfähigkeit des Nettozinsaufwands (d.h. der Überhang der Zinsaufwendungen gegenüber den Zinserträgen) der Höhe nach unter Bezugnahme auf das steuerliche EBITDA der Gesellschaft beschränkt. Dies bedeutet, dass je höher letztlich die Wertschöpfung der Gesellschaft, umso höher auch der Rahmen für die Abzugsfähigkeit des Zinsüberhangs.
Von den Beschränkungen der Zinsschranke umfasst sind sowohl steuerlich in Österreich ansässige Körperschaften (v.a. AGs, GmbHs, aber auch Privatstiftungen) als auch steuerlich außerhalb von Österreich ansässige Körperschaften, die im Inland eine Betriebsstätte unterhalten. Im letztgenannten Fall ist die Zinsschranke ausschließlich auf die Einkünfte der österreichischen Betriebsstätte beschränkt.
Der Zinsbegriff für Zwecke der Zinsschranke ist sehr weit gefasst und beinhaltet jegliche Vergütungen für Fremdkapital einschließlich sämtlicher Zahlungen für dessen Beschaffung sowie sonstige Vergütungen, die wirtschaftlich gleichwertig sind. Dies umfasst z.B. auch Geldbeschaffungskosten oder Finanzierungskosten bei Finanzierungsleasingstrukturen.
Generell ist hervorzuheben, dass das Abzugsverbot der Zinsschranke nur auf den Zinsüberhang Anwendung findet. Das Abzugsverbot ist daher nur in jenen Wirtschaftsjahren anwendbar, in denen die Zinsaufwendungen die Zinserträge übersteigen. Dabei sind nur jene Zinsaufwendungen zu berücksichtigen, die dem Grunde nach steuerlich abzugsfähig sind, d.h. nicht von einem anderen Abzugsverbot umfasst sind.
Die geplante Implementierung der Zinsschranke sieht einige Ausnahmen vor, die letztlich dazu führen werden, dass der Kreis jener Unternehmen, für die diese Regelung tatsächlich von Relevanz ist, überschaubar sein wird. Dabei handelt es sich um folgende Konstellationen:
Die geplante Zinsschranke begrenzt die Abzugsfähigkeit des Zinsüberhangs mit 30% des steuerlichen EBITDA. Ausgangsbasis für die Ermittlung des steuerlichen EBITDA ist der Gesamtbetrag der Einkünfte (vor Anwendung der Zinsschranke). Dieser ist um steuerliche Zuschreibungen zu verringern und um Abschreibungen sowie den Zinsüberhang zu erhöhen. Steuerfreie Einkünfte (wie etwa steuerfreie Dividenden) führen nicht zu einer Erhöhung des steuerlichen EBITDA.
Findet in einem Jahr ein Zinsüberhang keine gänzliche Deckung im steuerlichen EBITDA, d.h. ist nicht der gesamte Betrag des Zinsüberhangs aufgrund der Zinsschranke steuerlich abzugsfähig, so kann die Differenz in die nachfolgenden Wirtschaftsjahre zeitlich unbefristet vorgetragen werden. Ist umgekehrt das steuerliche EBITDA größer als der Zinsüberhang, kann diese Differenz ebenfalls vortragen werden, allerdings befristet mit 5 Jahren. Sowohl der Vortrag des nicht abzugsfähigen Zinsüberhangs als auch des nicht genutzten EBITDA ist nur auf Antrag der Gesellschaft möglich.
Der Entwurf zur Einführung einer Zinsschranke sieht auch spezielle Bestimmungen für die Anwendung innerhalb einer steuerlichen Unternehmensgruppe vor. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass die Zinsschranke nur auf Ebene des Gruppenträgers Anwendung finden kann, die einzelnen Gruppenmitglieder daher keiner separaten Betrachtung unterliegen. Der Zinsüberhang ist dementsprechend für die gesamte Unternehmensgruppe durch Saldierung der Zinsaufwendungen und Zinserträge der einzelnen Gruppenmitglieder und des Gruppenträgers zu ermitteln. Zu berücksichtigen sind dabei die Ergebnisse des Gruppenträgers, der inländischen Gruppenmitglieder sowie der inländischen Betriebsstätten von ausländischen Gruppenmitgliedern.
Dem auf diesem Wege ermittelte Zinsüberhang ist das steuerliche EBITDA der gesamten Gruppe gegenüberzustellen. Soweit der Gruppen-Zinsüberhang einen Betrag in Höhe von 30% des EBITDA nicht übersteigt, ist dieser abzugsfähig. Ein allfälliger Zinsüberhang-Vortrag bzw. EBITDA-Vortrag ist ebenfalls auf Gruppenträgerebene möglich. Erwähnenswert ist, dass nach dem vorliegenden Entwurf der Freibetrag von EUR 3 Millionen nur einmal pro Unternehmensgruppe (nicht aber pro Gruppenmitglied) zur Verfügung steht.
Auch die Escape Klausel über den Eigenkapitalquotenvergleich ist für Unternehmensgruppen anwendbar. Hier ist die Eigenkapitalquote der Unternehmensgruppe (wie oben definiert) zu ermitteln, was letztlich die Erstellung eines Teilkonzernabschlusses für diese Unternehmen erforderlich machen wird. Letzterer wird mit der Eigenkapitalquote des gesamten Konzerns zu vergleichen sein.
Gerade im Zusammenhang mit Unternehmensgruppen ist insbesondere im Hinblick auf den gesellschaftsrechtlichen Kapitalerhaltungsgrundsatz an eine Überarbeitung der bestehenden Steuerumlagevereinbarung zu denken, die den Besonderheiten der Zinsschranke und möglichen Fallkonstellationen Rechnung trägt.
Die Zinsschranke soll mit 01.01.2021 in Kraft treten und erstmals für Wirtschaftsjahre gelten, die nach dem 31. Dezember 2020 beginnen. In den nächsten Wochen ist mit einer Gesetzwerdung dieser Bestimmungen wie auch mit einer Verordnung des BMF zur Regelung von Detailfragen zur Zinsschranke und der technischen Umsetzung zu rechnen. Mögliche Auswirkungen dieses Gesetzesvorhabens auf Unternehmensebene sollten daher möglichst rasch geprüft und evaluiert werden. Gerade im Fall des Bestehens einer steuerlichen Gruppe kann sich durch die Implementierung der neuen Bestimmungen auch ein Anpassungsbedarf einer Steuerumlagevereinbarung ergeben, der im Idealfall im Wege einer kombinierten steuerlichen und rechtlichen Begleitung durchgeführt werden sollte.
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