Autor

Dr. Jan Kern

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10. Juni 2020

Rückzahlung einer Willkommensprämie (Signing Bonus)

Unternehmen zahlen bisweilen insbesondere in Branchen mit einem Arbeitskräftemangel eine Willkommensprämie. Auch begehrte Führungskräfte verhandeln entsprechende Einmalzahlungen zu Beginn des Arbeitsverhältnisses, dann oftmals Signing Bonus genannt. Die Unternehmen wollen die Willkommensprämie bzw. den Signing Bonus verständlicherweise zurückerhalten, falls der Mitarbeiter innerhalb kürzester Zeit das Unternehmen wieder verlässt. Insofern sehen Vereinbarungen zu Willkommensprämien bzw. zu Signing Boni regelmäßig Rückzahlungsklauseln vor. Zur Gestaltung solcher Rückzahlungsklauseln gibt es relativ wenig Rechtsprechung. Nun hatte das LAG Schleswig-Holstein (Urt. v. 24.09.2019 – 1 Sa 108/19) die Wirksamkeit einer solchen Rückzahlungsklausel zu prüfen und entschieden, dass eine per AGB getroffene Vereinbarung, wonach der Mitarbeiter eine Willkommensprämie zurückzahlen muss, wenn er in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses wieder ausscheidet, nur dann wirksam ist, wenn keine Rückzahlung für den Fall der berechtigten fristlosen Eigenkündigung des Mitarbeiters vorgesehen ist.

I. Sachverhalt

Die Parteien streiten u.a. über die Rückzahlung einer „Willkommensprämie“. Die Klägerin betreibt ein Seniorenpflegeheim, die Beklagte war als Pflegefachkraft eingesetzt. Im vorformulierten Arbeitsvertrag heißt es zur „Willkommensprämie für Pflegefachkräfte“ wie folgt:

„Als anerkannte Pflegefachkraft erhält die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer mit Abschluss des Arbeitsvertrages und Aufnahme der Beschäftigung eine Willkommensprämie von einmalig 3.000,00 € brutto/Vollzeitstelle – bei einer Teilzeitstelle entsprechend anteilig. …

Die Willkommensprämie ist vollständig zurückzuzahlen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb der nach § 1 Ziffer II. des Arbeitsvertrages vereinbarten Probezeit endet. …

Endet das Arbeitsverhältnis nach der Probezeit innerhalb von sechs Monaten auf Grund eigener Kündigung der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers, die nicht durch einen wichtigen Grund nach § 626 Abs. 1 BGB veranlasst wurde, oder aufgrund außerordentlicher oder verhaltens- oder personenbedingter Kündigung der Arbeitgeberin, ist die Willkommensprämie ebenfalls vollständig zurückzuzahlen.“

Die Klägerin hat die Willkommensprämie ausgezahlt. Das Arbeitsverhältnis endete innerhalb der Probezeit i.S.d. Regelung aufgrund Eigenkündigung. Mit der Klage verlangt die Klägerin u.a. die Rückzahlung der Willkommensprämie. Das ArbG hat die Klage abgewiesen.

II. Entscheidung

Die Berufung hatte insoweit keinen Erfolg. Die Rückzahlungsvereinbarung sei unwirksam. Die Regelung benachteilige die beklagte Mitarbeiterin unangemessen i.S.d. § 307 I 1 BGB und sei deshalb unwirksam.

Die klagende Arbeitgeberin habe zwar grundsätzlich ein berechtigtes Interesse an der Rückzahlung der von ihr gezahlten Prämie. Dies ergebe sich aus deren Funktion als „Willkommensprämie“. Sie werde gezahlt, um Arbeitnehmer nicht nur zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses, sondern auch zu dessen Fortführung über einen gewissen Zeitraum hinaus zu bewegen. Dieses Interesse lasse eine Rückzahlungsvereinbarung für den Regelfall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ordentliche Kündigung auch innerhalb der Probezeit grundsätzlich angemessen erscheinen, und zwar unabhängig davon, welche Partei kündige.

Anders stelle sich die Interessenlage jedoch dar, wenn ein Arbeitnehmer in Folge eines Arbeitgeberverhaltens selbst zur fristlosen Kündigung berechtigt ist. Sein grundrechtlich geschütztes Recht auf den Wechsel des Arbeitsplatzes werde in diesem Fall durch die Verpflichtung zur Rückzahlung eingeschränkt. Hierfür gebe es keinen rechtfertigenden Grund, wenn der Arbeitgeber durch sein Verhalten berechtigten Anlassen zur fristlosen Kündigung gegeben habe. Die nach der Vertragsklausel in diesem Fall ebenfalls entstehende Rückzahlungspflicht stelle sich daher als unangemessene Benachteiligung dar.

Da die AGB-Kontrolle losgelöst von den Umständen des Einzelfalls erfolge, sei die Klausel insgesamt unwirksam, obwohl kein fristloser Kündigungsgrund vorgelegen habe.

III. Praxishinweis 

Bei der Formulierung von Klauseln zur Rückzahlung einer Willkommensprämie bzw. eines Signing Bonus ist darauf zu achten, dass sie zumindest die Fälle von der Rückzahlung ausnimmt, in denen der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis wirksam nach § 626 BGB kündigen kann.

Alternativ kann ein Arbeitgeber auch eine Willkommensprämie für den Fall zur Auszahlung ausloben, dass das Arbeitsverhältnis bei Ablauf der Probezeit noch ungekündigt fortbesteht. Nach der Rechtsprechung des BAG (Urt. v. 22.07.2014 – 9 AZR 981/12) kann die Auszahlung einer Sonderzuwendung noch vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag abhängig gemacht werden, wenn die Sonderzuwendung nicht der Vergütung geleisteter Arbeit dient. Eine solche Stichtagsklausel (ungekündigtes Arbeitsverhältnis) muss nicht danach differenzieren, aus welchen Gründen das Arbeitsverhältnis beendet wurde.

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