30. April 2020

Sozialschutzpaket II: Nun doch bis zu 87 Prozent Kurzarbeitergeld?

Das Bundeskabinett beschließt den Gesetzesentwurf „Sozialschutzpaket II“ am 29. April 2020: Nun doch bis zu 87 Prozent Kurzarbeitergeld?

I. Einleitung 

Der in seinen unterschiedlichen Facetten hervorgebrachte Satz „Wir stehen noch am Anfang der Krise deren Folgen noch nicht absehbar sind“, scheint in sich eher abstrakt zu sein, dennoch zeigen die täglich neuen Hiobsbotschaften einen Vorgeschmack dieser außergewöhnlichen Krise. Als Gegenmaßnahme hat der Bund bekanntlich unter anderem mit Wirkung zum 15.03.2020 – im Rahmen des „Gesetzes zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ – das sich bereits im Zuge der globalen Finanzkrise in den Jahren 2008 bzw. 2009 bewährte Gesetz zur Kurzarbeit reformiert. Als weitere Maßnahme der Wirtschaft wurde vergangene Woche ein Beschluss des Koalitionsausschusses getroffen, welcher eine stufenweise Erhöhung des Kurzarbeitergeldes (KUG) vorsieht.

Nunmehr passierte das Vorhaben durch einen Beschluss des Bundeskabinetts am Mittwoch, den 29.04.2020, eine weitere Hürde und wird als Gesetzesentwurf zur weiteren Abfederung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie (Sozialschutzpaket II) dem Bundestag zur Entscheidung vorgelegt. Dieser Artikel wird mit einem Einblick rund um das KUG versuchen, etwas mehr Klarheit in das Dunkel der KUG Regelungen zu bringen und dabei die anvisierte Neuregelung beleuchten.

II. Voraussetzungen und derzeitigen Höhe des KUG

Grundsätzlich besteht ein Anspruch des Arbeitnehmers auf KUG gemäß §§ 95 SGB III ff., wenn er sich in einem ungekündigten versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis befindet und innerhalb des Betriebes, oder aber auch in der konkreten Betriebsabteilung, ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall besteht, welcher der Agentur für Arbeit schriftlich angezeigt wird.

Ein erheblicher Arbeitsausfall liegt vor, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht, ferner vorübergehender Natur und nicht vermeidbar ist. Zudem müssen im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) mindestens zehn Prozent der im Betrieb Beschäftigten – die Hürde von mindestens dreißig Prozent wurde bereits im Rahmen der Reform beseitigt –von einem Entgeltausfall in Höhe von jeweils mehr als zehn Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen sein.

Unternehmen, denen schon vor der Corona-Krise eine Insolvenz drohte, haben demzufolge keinen Anspruch auf KUG, weil der Arbeitsausfall aus wirtschaftlichen Gründen gerade nicht „vorübergehend“ aus der Corona-Krise resultiert.

Bei der Höhe des KUG wird derzeit zwischen dem erhöhten Leistungssatz von 67 Prozent für Arbeitnehmer mit steuerrechtlich zu berücksichtigenden Kindern und 60 Prozent für kinderlose Arbeitnehmer unterschieden. Entscheidend ist dabei allein die sogenannte Nettoentgeltdifferenz, also die Differenz zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt, welches der Arbeitnehmer regulär hätte erhalten sollen und dem durch die Kurzarbeit entsprechend reduzierten pauschalen Nettoentgelt. Jedoch wird das KUG bei EUR 6.900,00 brutto der regulären monatlichen Vergütung gedeckelt.

III. Beschluss des Bundeskabinetts

Nunmehr hat der durch das Bundeskabinett beschlossene Gesetzesentwurf folgende Änderungen vorgesehen:

Das KUG soll ab dem 1. Mai 2020 stufenweise erhöht werden. Für Arbeitnehmer, deren Arbeitszeit pandemiebedingt um mindestens 50 Prozent reduziert ist, bedeutet dies Folgendes:

Für Haushalte ohne Kinder bleibt es in den ersten drei Monaten zunächst bei dem bisherigen Satz von 60 Prozent. Ab dem vierten Monat jedoch erhöht sich der Satz auf 70 Prozent und ab dem siebten Monat werden sogar 80 Prozent des reduzierten pauschalen Nettoentgelts ausbezahlt.

Für Haushalte mit Kindern bleibt es in den ersten 3 Monaten ebenfalls bei dem bisherigen Satz von 67 Prozent. Ab dem 4. Monat wird das KUG auf 77 Prozent aufgestockt und ab dem 7. Monat auf 87 Prozent.

Die Regelung soll gemäß dem Gesetzesentwurf maximal bis zum 31. Dezember 2020 gelten. Das Bundeskabinett hat den entsprechenden Gesetzesentwurf zur weiteren Abfederung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie (Sozialschutzpaket II) bereits beschlossen. Der Gesetzesentwurf wird nun zunächst dem Bundestag, danach dem Bundesrat zur Entscheidung vorgelegt, wobei hier keine wesentlichen Einwände zu erwarten sind, demnach mit einer kurzfristigen Entscheidung in den nächsten Tagen zu rechnen ist. Damit setzt das Sozialschutzpaket II die geplanten Maßnahmen um, auf die sich die Koalition bereits grundsätzlich am 22. April 2020 verständigt hatte.

IV. Fazit

Der Gesetzesentwurf ist insgesamt zu begrüßen. Er erhöht das Schutzniveau für die Mitarbeiter von ca. 700.000 Unternehmen, welche bislang KUG für ihre betroffene Belegschaft bzw. für deren Teile beantragt haben.

Die Beantragung von KUG ist jedoch nach wie vor nicht anwenderfreundlich ausgestaltet und viele Einzelfragen bleiben ungeklärt. Gerade deswegen ist bei der Beantragung von KUG höchste Vorsicht geboten, führen doch Überzahlungen von KUG, die zu Unrecht geleistet wurden, nicht nur zu erheblichen Rückzahlungsansprüchen, sondern können gar zu einer Strafbarkeit der Geschäftsführung führen. Tatbestandlich wäre hier wohl unter anderem ein sog. Subventionsbetrug erfüllt; ein Delikt das auch fahrlässig verwirklicht werden kann. Entsprechend sollte besondere Sorgfalt bei der Beantragung von KUG zur Anwendung kommen und in Zweifelsfragen externer Rechtsrat hinzugezogen werden.

Call To Action Arrow Image

Newsletter-Anmeldung

Wählen Sie aus unserem Angebot Ihre Interessen aus!

Jetzt abonnieren
Jetzt abonnieren

Related Insights

Employment, Pensions & Mobility

BAG: Anspruch auf übertarifliches Urlaubsgeld aus einer durch Betriebsvereinbarung abgelösten Gesamtzusage

9. April 2024
Briefing

von Alessa Böttcher und Dr. Johannes Alexander Höft

Klicken Sie hier für Details
Employment, Pensions & Mobility

Work/Life: international employment news update

26. März 2024
Quick read

von mehreren Autoren

Klicken Sie hier für Details
Employment, Pensions & Mobility

Work/Life: international employment news update

7. März 2024
Quick read

von mehreren Autoren

Klicken Sie hier für Details