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Dr. Kathrin Monen, LL.M.

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25. März 2020

Die Folgen des Coronavirus für die Ausgestaltung von Unternehmens-Kaufverträgen

  • IN-DEPTH ANALYSIS

Die zunehmende Ausbreitung des Coronavirus führt neben den Auswirkungen für die Bevölkerung und das Gesundheitssystem zu schwerwiegenden Folgen für die Weltwirtschaft. Produktionen müssen reduziert oder ausgesetzt werden. Die Aufrechterhaltung von internationalen Lieferketten und einer grenzüberschreitenden Logistik wird durch Grenzkontrollen und Grenzschließungen erschwert. Einreiseverbote, Versammlungseinschränkungen und verschärfte Ausgangsperren beeinträchtigen nicht nur den privaten Lebensbereich, sondern auch die wirtschaftliche Tätigkeit von Unternehmen in der Tourismus-, Veranstaltungs- und Gastronomiebranche sowie den Einzelhandel. Damit stehen auch die Parteien von Unternehmenstransaktionen vor neuen Herausforderungen: Wie wirken sich die derzeitigen Unwägbarkeiten der Coronavirus-Pandemie auf Unternehmenstransaktionen aus? Und wie können die damit verbundenen Risiken interessengerecht in Unternehmenskaufverträgen abgebildet werden?

Einfluss des Coronavirus auf Unternehmenstransaktionen

Mit Blick auf Transaktionen dominiert die Frage, wie die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Krise und eine daraus resultierende negative Entwicklung eines Zielunternehmens den Erfolg einer Transaktion gefährden können. Ziel eines jeden Lösungsansatzes sollte es sein, die unterschiedlichen Interessen von Erwerber und Veräußerer zu berücksichtigen und in Einklang zu bringen.

Während Erwerber von einer beabsichtigten Transaktion absehen werden, wenn sich der finanzielle Zustand des Zielunternehmens gravierend und auf unabsehbare Zeit verschlechtert, werden Veräußerer ungeachtet von wirtschaftlichen Einschränkungen an der Transaktion festhalten wollen. Zeichnet sich eine negative Entwicklung bereits vor Abschluss eines Unternehmenskaufvertrages ab, kann der Erwerber die Verhandlungen abbrechen und so von der beabsichtigten Transaktion Abstand nehmen. Um allerdings auch nach Abschluss eines Unternehmenskaufvertrages noch eine Rücktrittsmöglichkeit zu haben, wenn beim Zielunternehmen vor dem Vollzug der Transaktion eine nachteilige Veränderung eintritt, muss im Unternehmenskaufvertrag eine sogenannte MAC-Klausel (material adverse change) vereinbart worden sein. Einer solchen MAC-Klausel wird ein Veräußerer allerdings nur unter strengen Voraussetzungen und bei Vereinbarung einer Pönale zustimmen. Diese divergierenden Interessen von Erwerber und Veräußerer gilt es in Zeiten der Coronavirus-Krise in Unternehmenskaufverträgen abzubilden.

Bisherige MAC-Klauseln

MAC-Klauseln bieten Erwerbern in der Interimsphase zwischen Abschluss eines Unternehmenskaufvertrages und dem Vollzug der Transaktion einen zusätzlichen Schutz, indem sie Erwerbern eine Rücktrittsmöglichkeit einräumen, sofern in der Interimsphase eine wesentliche nachteilige Änderung beim zu erwerbenden Zielunternehmen eintritt. Erfasst werden können negative Veränderungen, die sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens auftreten.

Eine MAC-Klausel weist grundsätzlich zwei Bestandteile aus. Zum einen sind die sogenannten MAC-Ereignisse zu vereinbaren, die ein Rücktrittsrecht des Erwerbers auslösen können. Dies sind in der Regel militärische Konflikte, Naturkatastrophen oder sonstige Ereignisse, die eine Branche oder Industrie schwerwiegend treffen können. Zum anderen ist eine Wesentlichkeitsschwelle festzulegen, die im konkreten Fall überschritten sein muss, um eine wesentliche nachteilige Änderung beim Zielunternehmen feststellen zu können.

In der Vergangenheit wurden MAC-Klauseln bei deutschen Transaktionen jedoch nur selten vereinbart. So weisen lediglich ca. 10% bis 15% der deutschen Unternehmenskaufverträge eine solche Klausel aus, während in den USA in ca. 90% bis 95% der Unternehmenskaufverträge eine MAC-Klausel aufgenommen wird. Die anhaltende Verbreitung des Coronavirus wird wohl auch hierzulande zu einer steigenden Vereinbarung von MAC-Klauseln führen.

MAC-Klauseln und Coronavirus

In den seltenen Fällen, in denen in Deutschland eine MAC-Klausel vertraglich vereinbart wurde und die Transaktion noch nicht vollzogen ist, sollte vor allem der zukünftige Erwerber überprüfen, inwiefern die Verbreitung des Coronavirus und die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen für das zu erwerbende Zielunternehmen den Anwendungsbereich der MAC-Klausel eröffnen und dem Erwerber ein Rücktrittsrecht einräumen.

Sollte ein Unternehmenskauf dagegen erst anstehen oder sollten zurzeit Vertragsverhandlungen stattfinden, ist es käuferseitig dringend anzuraten, sich gegen die Risiken der Coronavirus-Krise durch eine MAC-Klausel abzusichern. Dabei ist es aus Käufersicht wichtig, das MAC-Ereignis und die Wesentlichkeitsschwelle so zu formulieren, dass die bestehenden und zukünftigen Risiken der Coronavirus-Pandemie möglichst umfassend erfasst werden.

(a) MAC-Ereignis
Im Hinblick auf die Formulierung des MAC-Ereignisses ist jedem Erwerber zu raten, den Anwendungsbereich ereignisbezogen auf den Ausbruch und die Verbreitung einer Krankheit zu spezifizieren. Das Coronavirus und die wirtschaftlichen Folgen sollten explizit als eigener Fall in die MAC-Klausel aufgenommen werden. Denn der Begriff der Naturkatastrophe umfasst keine Pandemien. Diese sind zwar eines natürlichen Ursprungs, aber keine Naturereignisse. Ebenso ist der Auffangtatbestand der sonstigen Ereignisse, die eine Branche oder Industrie schwerwiegend treffen können, sehr allgemein formuliert. Durch den Auslegungsspielraum besteht die Gefahr, dass im Einzelfall ein Rücktrittsrecht des Erwerbers ausgeschlossen ist, da unklar bleibt, anhand welcher objektiven Kriterien die Schwere der Betroffenheit einer Branche oder Industrie zu bestimmen ist.
Veräußerer sollten dagegen versuchen, den Anwendungsbereich von MAC-Klauseln so eng wie möglich zu gestalten und auf unternehmensbezogene Vorgänge zu begrenzen, um vor allem nicht-kontrollierbare Ereignisse außerhalb des Zielunternehmens auszuschließen.

(b) Wesentlichkeitsschwelle zur Schadensbestimmung
Bei der Festlegung der Wesentlichkeitsschwelle für den Schadenseintritt sind zwei Kriterien zu beachten.
Zum einen kommt es entscheidend auf den sachlichen Wirkungskreis des Schadensereignisses an. Erwerber sollten die Wesentlichkeitsschwelle für den Schadenseintritt auf die relevante Branche oder Industrie beziehen und nicht auf das Zielunternehmen beschränken. Dies räumt dem Erwerber bereits ein Rücktrittsrecht ein, wenn Gewinn oder Umsatzzahlen in der relevanten Branche oder Industrie insgesamt rückläufig sind. Ob sich die Coronavirus-Pandemie tatsächlich auf das Zielunternehmen auswirkt oder dieses erst später erfassen wird, ist sodann unbeachtlich. Veräußerer sollten dagegen sicherstellen, dass die Wesentlichkeit des eingetretenen Schadens allein anhand der konkreten Zahlen des Zielunternehmens bestimmt wird. Nur so kann ausgeschlossen werden, dass allgemeine wirtschaftliche Entwicklungen keine nachteiligen Auswirkungen auf die beabsichtigte Unternehmenstransaktion haben.
Zum anderen ist der zeitliche Wirkungskreis des Schadenseintritts von Bedeutung. Erwerber sollten versuchen, auch absehbare zukünftige – das heißt erst nach dem Vollzug der Transaktion eintretende – Schäden in die Bestimmung der Wesentlichkeit einzubeziehen. So kann eine käuferfreundliche Formulierung beispielsweise auch auf das Erfordernis einer nachteiligen Anpassung oder Veränderung des Business Plans des Zielunternehmens abstellen. Veräußerer sollten dagegen darauf achten, die Zukunftsbezogenheit von Schäden auszuschließen, um sicherzustellen, dass ein Rücktritt nicht auch aufgrund von Prognosen, sondern allein aufgrund von vor dem Vollzug der Transaktion tatsächlich und nachweisbar eingetretenen Schäden ermöglicht wird.

(c) Beispielsklausel
Eine ausgewogene MAC-Klausel könnte wie folgt formuliert werden:
MAC shall mean any event, circumstance or development that occurs between the Signing Date and the Closing Date and which, alone or in combination with other events, circumstances or developments, has a material adverse effect either on the Company's annual EBITDA in excess of EUR [___] or on the Company's assets in excess of EUR [___], except for (a) general economic and market developments in the markets and market segments served by the Company and affecting the industry as a whole (e.g. general developments in the markets of the Company and/or in the capital and financial markets in general or in exchange rates), but excluding any developments attributable to the Corona virus, (b) any adverse effects of losses, damages, costs or liabilities for which the Seller has indemnified the Purchaser, (c) changes in laws or other legal provisions, and (d) circumstances for which the Purchaser is responsible.

(d) Pönale zugunsten des Verkäufers
Da eine MAC-Klausel für den Veräußerer in den ungewissen Zeiten der Coronavirus-Krise ein substantielles Risiko darstellt, dass eine Transaktion nach Abschluss des Unternehmenskaufvertrages doch noch aufgrund eines Rücktritts des Erwerbers scheitert, sollte eine MAC-Klausel aus Verkäufersicht immer mit einer Pönale zulasten des Erwerbers für den Fall der Ausübung des Rücktrittsrechts verknüpft und abgesichert werden. Die Höhe der Vertragsstrafe sollte dabei so einschneidend sein und so gewählt werden, dass sie den Erwerber von einer vorschnellen Ausübung des Rücktrittsrechts abhält und jedenfalls die dem Veräußerer im Zusammenhang mit der Transaktion entstandenen Auslagen vollständig abdeckt.

(e) Neuverhandlung von Konditionen
Eine ausgewogene MAC-Klausel kann in Einzelfällen aber auch ein Scheitern der Transaktion verhindern. Sofern ein Zielunternehmen für einen Erwerber einen strategischen Wert hat, wird er auch in Zeiten der Coronavirus-Krise perspektivisch an der beabsichtigten Transaktion festhalten wollen und auf den Veräußerer zur Neuverhandlung des Kaufpreiseses zugehen. So kann die Transaktion, abhängig von den neuen Vertragskonditionen, gegebenenfalls doch noch zu einem für beide Vertragsparteien erfolgreichen Abschluss geführt werden.

Weitere Maßnahmen bei Unternehmenstransaktionen

Die Vertragsparteien eines Unternehmenskaufvertrages sollten in Zeiten der Coronavirus-Pandemie die zu ergreifenden Maßnahmen jedoch nicht auf die Verhandlung einer MAC-Klausel beschränken, sondern ergänzende Prüfungen vor- und flankierende Vertragsregelungen aufnehmen.
So sollten Erwerber – abhängig vom Fortschritt der Transaktion – im Rahmen der Due Diligence Prüfung gezielt nach bei der Zielgesellschaft bereits ergriffenen Maßnahmen zur Einschränkung oder Verhinderung der Auswirkungen der Coronavirus-Krise fragen, um sicherzustellen, dass die Zielgesellschaft über ein ausreichendes Krisenmanagement verfügt. Darüber hinaus sollte der Garantie- und Freistellungskatalog im Einzelfall um krisenrelevante Themen erweitert werden.
Veräußerer sollten dagegen darauf achten, auch im Zeitraum zwischen Abschluss des Unternehmenskaufvertrages und dem Vollzug der Transaktion handlungsfähig zu bleiben und besondere Maßnahmen zur Krisenbewältigung ergreifen zu können. Hierfür sollten gesonderte Ausnahmetatbestände zur Verpflichtung zur Weiterführung des Geschäfts der Zielgesellschaft im ordentlichen Geschäftsgang (ordinary course of business) vertraglich aufgenommen werden.

Empfehlung

Die Unwägbarkeiten der Coronavirus-Pandemie stellen Transaktionsparteien vor neue Herausforderungen. Weit formulierte MAC-Klauseln können Erwerber auch nach Abschluss eines Unternehmenskaufvertrages noch vor gravierenden wirtschaftlichen Veränderungen beim Zielunternehmen schützen. Veräußerer werden dagegen durch MAC-Klausel mit dem Risiko des Scheiterns der Transaktion konfrontiert und sollten diese Regelungen meiden oder sich jedenfalls durch Vereinbarung von Pönalen gegen einen vorschnellen Rücktritt des Erwerbers absichern. In diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten unterstützen wir sowohl Erwerber als auch Veräußerer nicht nur bei der Prüfung bestehender MAC-Klauseln in bereits abgeschlossenen Unternehmenskaufverträgen, sondern auch bei der Verhandlung und Ausformulierung von MAC-Klauseln in anstehenden Unternehmenstransaktionen.

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Wir haben für Sie umfassende Informationen und Handlungsempfehlungen zu zahlreichen rechtlichen Implikationen im Kontext der Coronavirus-Pandemie zusammengestellt: Coronavirus - Antworten zu rechtlichen Implikationen

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