1. März 2019
Der heutige Beitrag beschäftigt sich mit einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum Mindestlohn bei einem Berufsorientierungspraktikum mit Unterbrechungen. Das BAG hat entschieden, dass Praktikanten dann keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn haben, wenn sie ihr Berufsorientierungspraktikum aus Gründen in ihrer Person unterbrechen und ihr Praktikum um die Dauer der Unterbrechungszeit verlängert wird, wenn zwischen den einzelnen Abschnitten ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht und die Höchstdauer von drei Monaten insgesamt nicht überschritten wird (Urteil vom 30.01.2019, Az.: 5 AZR 556/17). Das BAG bestätigt damit die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Düsseldorf (Urteil vom 25.10.2017 - 7 Sa 995/16).
Nach dem Gesetz zur Regelung des allgemeinen Mindestlohns (MiLoG) besteht für Arbeitnehmer, unter Berücksichtigung gesetzlich geregelter Ausnahmen, seit 2015 Anspruch auf Zahlung eines Mindestlohns. Die Höhe des Mindestlohns wird alle zwei Jahre von einer eigens hierfür eingerichteten Kommission überprüft und angepasst. Seit dem 1. Januar 2019 gilt ein gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von 9,19 Euro pro Stunde.
Für wen der Mindestlohn gilt, regelt § 22 MiLoG. Danach können den Mindestlohn neben Arbeitnehmern auch Praktikanten im Sinne des § 26 Berufsbildungsgesetz beanspruchen. Dies allerdings nicht uneingeschränkt. Der Gesetzgeber hat in § 22 Abs. 1 S. 2 MiLoG auch Ausnahmen normiert. Vor allem müssen Arbeitgebern Praktikanten dann keine Vergütung zahlen, wenn sie Schulpraktika, Orientierungspraktika für die Berufsausbildung oder Praktika begleitend zur Berufs- oder Hochschulausbildung leisten. Dies jedoch nur, wenn eines der vorgenannten Praktika einen Zeitraum von bis zu drei Monaten nicht übersteigt.
Die Klägerin vereinbarte mit der Beklagten, der Betreiberin einer Reitanlage, ein dreimonatiges Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung. Die Klägerin begann ihr Praktikum am 6. Oktober 2015. Im November war sie drei Tage arbeitsunfähig krank. Im Dezember trat die Klägerin einen Urlaub an, was bereits vor Beginn des Praktikums geplant und mit der Beklagten abgesprochen war. Sie setzte ihr Praktikum erst nach 23 Tagen Abwesenheit fort. Die Klägerin beendete ihr Praktikum erst am 25. Januar 2016. Mit den Unterbrechungen wurde also ein Zeitraum von drei Monaten überschritten.
Die Klägerin erhielt für die Zeit des Praktikums keine Vergütung und begehrte mit ihrer Klage die Zahlung einer solchen in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns, insgesamt 6.630,00 EUR.
Nachdem das Arbeitsgericht erster Instanz der Klage in Höhe von 5.491,00 EUR stattgegeben hat, hat das LAG Düsseldorf auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Diese Entscheidung des LAG Düsseldorf hat das BAG nun bestätigt. Die Entscheidungsgründe des BAG liegen noch nicht vor.
Nach Ansicht des BAG wurde ein Zeitraum von drei Monaten durch die Klägerin insgesamt nicht überschritten. Damit fiel die Klägerin weiterhin unter die in § 22 Abs. 1 Nr. 2 MiLoG geregelte Ausnahme und die Beklagte war nicht verpflichtet ihr eine Vergütung in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns zu zahlen.
Die Überschreitung des Dreimonatszeitraums hat vor allem deshalb nicht zu einer Vergütungspflicht geführt, weil die Gründe für die Unterbrechungen auf Wunsch der klagenden Praktikantin selbst erfolgten. Diese war zum einen für drei Tage arbeitsunfähig krank und hat zum anderen das Praktikum für über zwei Wochen unterbrochen und es im Anschluss an die Unterbrechungen jeweils unverändert fortgesetzt. Betrachtet man die reine Zeit, die die Klägerin tatsächlich auf dem Pferdehof verbracht hat, wurde die zulässige Höchstdauer von bis zu drei Monaten nicht erreicht.
Nach dem LAG stehe der Annahme eines Berufsorientierungspraktikums nicht schon entgegen, dass der Praktikant in den Betriebsablauf eingegliedert sei und sich an feste Arbeitszeiten halten müsse. Im Gegenteil sei dies sogar erforderlich, da das Orientierungspraktikum dazu dienen solle das angestrebte Berufsfeld kennenzulernen und sich ein umfassendes Bild von den arbeitstäglichen Aufgaben zu machen.
Die Grenze, so das LAG, sei jedoch dort zu ziehen, wo der Praktikant eingesetzt werde um einen beim Vertragspartner fehlenden Arbeitnehmer zu ersetzen.
Für solche Situationen ist zu raten, Absprachen hinsichtlich etwaiger Unterbrechungen schriftlich zu treffen, um Klagen wie diesen vorzubeugen. In eine solche Vereinbarung sollten auch die Gründe für die Unterbrechung, sowie die konkreten Zeiträume der Unterbrechung aufgenommen werden.
Zu beachten ist außerdem, dass Praktikanten, die nicht unter die in § 22 MiLoG genannten Ausnahmen fallen, trotzdem einen Anspruch auf angemessene Vergütung in Form einer Aufwandsentschädigung oder als Beihilfe zum Lebensunterhalt nach dem Berufsbildungsgesetz haben können. Ob der Klägerin im vorliegenden Fall eine solche zugestanden hätte, konnte das BAG aus prozessualen Gründen nicht entscheiden. Die Klägerin hatte eine solche nicht beantragt und keine sog. "Anknüpfungstatsachen" vorgetragen, anhand derer das Gericht den Betrag hätte schätzen können.