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13. August 2018

EuGH: Unter welchen Umständen verletzt eine deutsche Whisky-Marke die geschützte geografische Angabe „Scotch Whisky"?

Diese Frage beantwortete nunmehr der EuGH mit Urteil vom 7. Juni 2018 in Sachen Scotch Whisky Association/Klotz (C-44/17) und gab zugleich lang ersehnte weitere Hinweise zur Auslegung von Art. 16 Buchst. a bis c der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung, Etikettierung und zum Schutz geografischer Angaben von Spirituosen (Spirituosen-VO), die im Ergebnis den Schutz geografischer Angaben stärken.

 

Das Ausgangsverfahren

Im Ausgangsverfahren verklagte die Scotch Whisky Association, The Registered Office („TSWA"), die die Interessen der schottischen Whiskyindustrie vertritt, einen schwäbischen Whiskybrenner, auf Unterlassung der Verwendung des Markennamens „Glen Buchenbach" für einen deutschen Whisky. Die Angaben auf dem Etikett der Whiskyflasche lauteten unter anderem wie folgt: „Waldhornbrennerei“, „Glen Buchenbach“, „Schwäbischer Single Malt Whisky“, „Deutsches Erzeugnis“ sowie „Hergestellt in den Berglen“. Die TSWA sieht in der Verwendung des Begriffs „Glen“ für einen deutschen Whisky eine Verletzung der eingetragenen geografischen Angabe „Scotch Whisky" gemäß Art. 16 Buchst. a bis c der Spirituosen-VO, da die Bezeichnung „Glen“ bei den maßgeblichen Verkehrskreisen eine Assoziation mit Schottland und Scotch Whisky hervorrufe und zwar ungeachtet der Hinzufügung anderer Hinweise auf den deutschen Ursprung des Produkts.

Die Vorlagefragen

Die Besonderheit an dem vorliegenden Fall lag darin, dass der umstrittene Whisky-Name „Glen Buchenbach" weder die geschützte geografische Angabe selbst – also „Scotch Whisky“ – noch Teile davon enthält, wie dies in früheren vom EuGH entschiedenen Fällen zu Art. 16 der Spirituosen-VO der Fall war (s. z.B. Rs. C-75/15 zum Vergleich der Bezeichnungen „Calvados/Verlados"). Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht Hamburg den Fall bezüglich der Auslegung von Art. 16 an den EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt und nach den Voraussetzungen (1.) einer „indirekten gewerblichen Verwendung“ einer geografischen Angabe, (2.) einer „Anspielung“ auf eine geografische Angabe und (3.) „falscher oder irreführender Angaben, die geeignet sind, einen falschen Eindruck über den Ursprung des Erzeugnisses zu erwecken“ gefragt. Im Zusammenhang mit der ersten und zweiten Frage wollte das vorlegende Gericht insbesondere wissen, ob es jeweils erforderlich ist, dass die eingetragene geografische Angabe in identischer oder phonetisch bzw. optisch ähnlicher Form verwendet wird oder ob es genügt, dass der streitige Zeichenbestandteil bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine irgendwie geartete Assoziation mit der eingetragenen geografischen Angabe oder dem geografischen Gebiet hervorruft. Unter Bezugnahme auf alle drei Fragen wollte das Gericht weiter wissen, inwiefern das Umfeld, in das der streitige Zeichenbestandteil eingebettet ist, relevant ist, also ob einer rechtswidrigen Benutzung dadurch entgegengewirkt werden kann, dass der streitige Zeichenbestandteil von einer Angabe über die wahre Herkunft des Erzeugnisses begleitet wird.

Zur ersten Frage

Bezüglich der ersten Frage folgte der EuGH der Auffassung des Generalanwalts Saugmandsgaard Øe, dass zur Feststellung der „indirekten gewerblichen Verwendung" einer geografischen Angabe der streitige Bestandteil in einer Form verwendet werden muss, die mit dieser Angabe identisch oder ihr klanglich und/oder visuell ähnlich ist. Es genügt daher nicht, dass dieser Bestandteil bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine irgendwie geartete Assoziation mit der eingetragenen geografischen Angabe oder dem zugehörigen geografischen Gebiet wecken kann.

Zur zweiten Frage

In Bezug auf die zweite Frage stellt der EuGH klar, dass es im Rahmen der Beurteilung des Vorliegens einer „Anspielung“ im Sinne von Art. 16 Buchst. b Sache des nationalen Gerichts ist, zu entscheiden, ob der europäische Durchschnittsverbraucher durch den Namen des fraglichen Erzeugnisses veranlasst wird, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die die geschützte geografische Angabe trägt. Fehlt es – wie im Streitfall – an einer klanglichen und/oder visuellen Ähnlichkeit zwischen der streitigen Bezeichnung und der geschützten geografischen Angabe bzw. ist die Angabe auch nicht teilweise in der Bezeichnung enthalten, hat das vorlegende Gericht eine inhaltliche Nähe zwischen der Bezeichnung und der Angabe zu berücksichtigen.

Damit unterscheidet der EuGH zum einen klar zwischen den Verbotstatbeständen des Art. 16 Buchst. a und b insoweit, dass eine „Anspielung" – anders als eine „indirekte gewerbliche Verwendung“ – auch dann vorliegen kann, wenn die verwendete Bezeichnung der geografischen Angabe nicht ähnlich ist. Zum anderen stellt der EuGH klar, dass bei dieser Beurteilung das Umfeld des streitigen Bestandteils nicht zu berücksichtigen ist; der Umstand, dass er von einer Angabe über den wahren Ursprung des betreffenden Erzeugnisses begleitet wird, ist also irrelevant.

Zur dritten Frage

Im Zusammenhang mit der dritten Frage gibt der EuGH erfreulicherweise zum ersten Mal Leitlinien für die Auslegung der nach Art. 16 Buchst. c verbotenen „sonstigen falschen oder irreführenden Angaben, die geeignet sind, einen falschen Eindruck über den Ursprung zu erwecken“ sowie für das Verhältnis der verschiedenen Verbotstatbestände des Art. 16 Buchst. a bis c untereinander vor. Danach enthält Art. 16 eine abgestufte Aufzählung verbotener Verhaltensweisen, die klar voneinander abzugrenzen sind. So beschränkt sich Art. 16 Buchst. a auf die Verwendung der geschützten geografischen Angabe und Buchst b auf widerrechtliche Aneignungen, Nachahmungen und Anspielungen. Art. 16 Buchst. c erweitert jedoch den geschützten Bereich um „alle sonstigen … Angaben", die zwar nicht auf die geschützte geografische Angabe anspielen, aber angesichts der Verbindungen zwischen dem Erzeugnis und der Angabe als falsch oder irreführend eingestuft werden.

Insofern stellt der EuGH weiter klar, dass

  1. der Ausdruck „alle sonstigen … Angaben" Informationen jeder Art in der Bezeichnung oder auf der Aufmachung oder Etikettierung des betreffenden Erzeugnisses umfasst, insbesondere in Form eines Textes, eines Bildes oder eines Behältnisses, die geeignet sind, Auskunft über die Herkunft, den Ursprung, die Beschaffenheit oder die wesentlichen Merkmale des Erzeugnisses zu geben;
  2. es für die Feststellung, dass diese Angaben „geeignet sind, einen falschen Eindruck über den Ursprung zu erwecken", genügt, dass eine solche Angabe sich auf einer der genannten Optionen befindet, d.h. „der Bezeichnung, Aufmachung oder Etikettierung“ des betreffenden Erzeugnisses;
  3. das Umfeld, in dem der streitige Bestandteil verwendet wird, nicht zu berücksichtigen ist. Denn eine Bestimmung hätte keine praktische Wirkung, wenn eine falsche oder irreführende Angabe aufgrund zusätzlicher, insbesondere den wahren Ursprung des angegriffenen Erzeugnisses betreffender Informationen in ihrem Umfeld gleichwohl zulässig wäre.

Praxistipp:

Der EuGH legt die Anforderungen an die Anwendung der Verbotstatbestände weit aus und bestätigt damit das in der Spirituosen-VO für geografische Angaben angelegte hohe Schutzniveau. Insbesondere die Klarstellung, dass das Umfeld der Angaben im Rahmen der Beurteilung ihrer Zulässigkeit keine Rolle spielt, ist im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes geografischer Angaben zu begrüßen. Im konkreten Fall muss das Landgericht Hamburg nun anhand des vorgegebenen Maßstabs entscheiden, ob eine durch EU-Recht untersagte Anspielung vorliegt, also ob der Verbraucher direkt an „Scotch Whisky“ denkt, wenn er ein vergleichbares Produkt mit der Bezeichnung „Glen“ sieht.

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