11. Mai 2021
Änderungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Banken, die die Zustimmung des Verbrauchers zu einer nach Vertragsschluss geänderten Fassung der AGB unabhängig von der Art der konkreten Änderung fingieren, sind unwirksam.
Das hat der BGH mit Urteil vom 27.04.2021 (Az. XI ZR 26/20) zu Änderungsklauseln in den AGB der Postbank entschieden. Das Urteil dürfte nicht nur für die Kreditwirtschaft relevant sein, sondern wird voraussichtlich auch für andere Branchen bedeutsam sein.
Die vom BGH beanstandeten Klauseln sahen vor, dass bei nachvertraglichen Änderungen der AGB die geänderte Fassung gilt, wenn der Kunde der Änderung nicht bis zum Inkrafttreten der neuen AGB widerspricht und spätestens zwei Monate vor dem Inkrafttreten in Textform über die neuen AGB informiert und auf die Zustimmungswirkung besonders hingewiesen wurde. Für den Fall, dass der Kunde mit der geänderten Fassung nicht einverstanden sein sollte, sahen die Klauseln ein Kündigungsrecht des Kunden vor. Die Klauseln betrafen sowohl die Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunde im Allgemeinen als auch speziell die Änderung von Entgelten für Bankleistungen, die von Kunden typischerweise dauerhaft in Anspruch genommen werden, also vor allem für die Konto- und Depotführung.
Die Klauseln sind entsprechenden Musterklauseln in den „AGB-Banken“ und den „AGB-Sparkassen“ nachempfunden und in der Kreditbranche allgemein üblich.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände forderte von der Bank jedoch, die Klauseln gegenüber Verbrauchern nicht weiter zu verwenden, da sie den Kunden unangemessen benachteiligten.
Der BGH gab der in den Vorinstanzen abgewiesenen Unterlassungsklage statt, da die Klauseln wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden gemäß § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam seien.
Dabei stellte der BGH unter Hinweis auf das Urteil des EuGH in der Sache „DenizBank“ (Urteil vom 11.11.2020, Az. C-287/19) zunächst fest, dass die Anwendung der allgemeinen AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle gem. §§ 307 ff. BGB nicht durch § 675a BGB gesperrt sei – und zwar unabhängig davon, ob die Klauseln sogenannte Zahlungsdienstrahmenverträge oder andere Geschäftsfelder betreffen.
Der BGH sieht in den Änderungsklauseln eine unangemessene Benachteiligung der Kunden. Denn nach dem Leitbild im deutschen Vertragsrecht kommt eine Vertragsänderung nur dann zustande, wenn der Kunde das Angebot der Bank auf Vertragsänderung annimmt. Da das bloße Schweigen des Kunden auf ein Angebot noch keine Annahme bedeutet, stellen die Änderungsklauseln eine wesentliche Abweichung vom gesetzlichen Leitbild zu Lasten des Kunden dar.
Maßgeblich ist für den BGH dabei, dass die Zustimmungsfiktion nicht nur die Anpassung von Details betrifft, sondern aufgrund ihrer weiten Formulierung jede Änderung erfasst, unabhängig von ihrem konkreten Inhalt und ihrer Reichweite. Damit sei das Vertragsgefüge insgesamt betroffen. Derart weitreichende Änderungen sollen nur in Form eines Änderungsvertrages möglich sein, welchen die Bank nicht im Wege einer Zustimmungsfiktion im Rahmen von AGB herbeiführen könne.
Da von der streitgegenständlichen Zustimmungsfiktion auch Hauptleistungen des Kunden betroffen sind (insbesondere die Höhe der Gebühren), sieht der BGH hier das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung als erheblich gestört an. Somit bedarf es nach dem BGH auch bei der Änderung von Entgelten und Gebühren einen Änderungsvertrag, der nicht im Rahmen von AGB herbeigeführt werden kann.