20. August 2020
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 25. Juni 2020 (C-380/19) die Anforderungen an Pflichtangaben zur alternativen Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten konkretisiert. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hatte zuvor ein Verfahren zwischen dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände - Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) und der Deutschen Apotheker- und Ärztebank eG (DAÄB) ausgesetzt und dem EuGH entscheidungserhebliche Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2013/11/EU (Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten) vorgelegt (Beschluss vom 9. Mai 2019, 20 U 22/18).
Die DAÄB betreibt die Website www.apobank.de. Über diese Website sind keine Vertragsabschlüsse möglich. Das Impressum der Website enthält einen Hinweis darauf, dass sich die DAÄB bereit erklärt, an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Die online verfügbaren AGB enthalten den Hinweis nicht. Ein solcher ist aber in einem von der DAÄB gestellten Preis- und Leistungsverzeichnis, das Verbrauchern bei Vertragsschluss zusammen mit den AGB übergeben wird, enthalten.
Der vzbv erachtete dies als einen Verstoß gegen § 36 Abs. 2 des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG). Danach müssen die Pflichtangaben des Unternehmers über die Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle u.a. „zusammen mit seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegeben werden, wenn der Unternehmer Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet.“
Der vzbv erhob Klage vor dem Landgericht (LG) Düsseldorf und beantragte, die DAÄB zu verurteilen, es zu unterlassen, in den AGB nicht anzugeben, dass eine Bereitschaft oder Verpflichtung zur Teilnahme an einem Verbraucherstreitbeilegungsverfahren besteht. Das LG Düsseldorf wies die Klage erstinstanzlich ab, der vzbv legte Berufung beim OLG Düsseldorf ein. Da das VSBG die Richtlinie 2013/11/EU umsetzt, legte das OLG dem EuGH die folgenden Fragen zur Entscheidung vor:
„1. Entsteht die Informationspflicht des Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie, in den allgemeinen Geschäftsbedingungen die Informationen gemäß Art. 13 Abs. 1 aufzuführen, schon dann, wenn der Unternehmer auf seiner Website, auf der keine Verträge geschlossen werden, die allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Download bereithält?
2. Falls die Frage zu 1. zu bejahen ist: Kommt der Unternehmer seiner Verpflichtung, die Informationen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzuführen in einem solchen Fall auch dann nach, wenn er die Information zwar nicht in der zum Download bereitgestellten Datei, aber an anderer Stelle auf der Website des Unternehmens erteilt?
3. Kommt der Unternehmer seiner Verpflichtung, die Informationen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzuführen nach, wenn er dem Verbraucher neben einem Dokument mit den allgemeinen Geschäftsbedingungen ein ebenfalls von ihm gestelltes Preis- und Leistungsverzeichnis in einem gesonderten Dokument aushändigt, welches die Informationen gemäß Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie enthält?“
Durch die Richtlinie soll eine unabhängige, schnelle und effektive Möglichkeit zur Streitbeilegung beim EU-weiten Waren- und Dienstleistungsverkehr geschaffen werden. Gemäß Artikel 13 Abs. 2 der Richtlinie sollen die Pflichtangaben zur alternativen Verbraucherstreitbeilegung „auf der Website des Unternehmers – soweit vorhanden – und gegebenenfalls in den AGB […] aufgeführt“ werden.
Der EuGH stellte nun in seiner Entscheidung vom 25. Juni 2020 klar, dass der Hinweis auf die alternative Streitbeilegung zwingend in den AGB des Unternehmers enthalten sein muss. Den Begriff „gegebenenfalls“ legte der EuGH so aus, dass bereits die Bereitstellung von AGB auf einer Website die Informationspflicht begründet. Die Möglichkeit eines Vertragsschlusses über die Website sei nicht Voraussetzung dafür. Zudem seien nach dem Wortlaut die Angaben auf der Website „und“ in den AGB zu erteilen. Demnach könne es nicht ausreichen, die Information unter anderen Reitern der Website aufzuführen. Weiter sei dem Wortlaut der Vorschrift „in den AGB“ eindeutig zu entnehmen, dass die Information nicht in einem gesonderten Dokument erteilt werden dürfe.
Das Urteil des EuGH veranschaulicht deutlich, dass Unternehmer bei Pflichtangaben zur alternativen Verbraucherstreitbeilegung weiterhin auf Präzision achten sollten. Neben der richtigen Platzierung ist auch eine korrekte Formulierung zu wählen, was auch ein jüngeres Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 21. August 2019, VIII ZR 265/18) zur Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr.1 VSBG verdeutlicht: Nach dieser Norm hat ein Unternehmer, der eine Website unterhält oder AGB verwendet, den Verbraucher leicht zugänglich, klar und verständlich zu informieren, inwieweit er bereit oder verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Nach Ansicht des BGH war die Aussage des betroffenen Unternehmers, die Bereitschaft dazu könne „im Einzelfall erklärt werden“, nicht eindeutig und klar genug und somit unzulässig. Es empfiehlt sich daher, bei individuellen Lösungen Vorsicht walten zu lassen.
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