14 janvier 2025
2024 war ein Jahr bedeutender politischer Entwicklungen und Gesetzesänderungen auf EU-Ebene zur Stärkung des Verbraucherschutzes. Die neue EU-Produktsicherheitsverordnung (GSPR) trat am 13. Dezember 2024 in Kraft und dem kollektiven Rechtsschutz nach der EU-Richtlinie über Verbandsklagen kam zunehmend Bedeutung zu.
Darüber hinaus ist jüngst am 8. Dezember 2024 die neue EU-Produkthaftungsrichtlinie 2024/2853 in Kraft getreten. Sie wird die fast 40 Jahre alte Produkthaftungsrichtlinie 85/374/EWG ersetzen, die aus dem Jahr 1985 stammt und auf der auch das deutsche Produkthaftungsgesetz beruht.
Die neue Produkthaftungsrichtlinie zielt darauf ab, das europäische Produkthaftungsregime zu modernisieren, um es an fortschreitende Technologien und die Globalisierung der Lieferketten anzupassen. Zudem sollen Hindernisse für Verbraucher bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen fehlerhafter Produkte beseitigt werden. Die neue Produkthaftungsrichtlinie verändert daher die derzeitige Haftungslandschaft für Unternehmen, die Produkte in der EU herstellen oder vertreiben, erheblich.
Im Folgenden geben wir einen Überblick darüber, was Unternehmen zu der neuen Produkthaftungsrichtlinie wissen sollten und wie sie sich vorbereiten können, um die steigenden Haftungsrisiken zu minimieren. Einen detaillierten Überblick zu einzelnen Neuerungen finden Sie zudem in unserem Briefing zum finalen Entwurf der Richtlinie, der inhaltlich keine nennenswerten Änderungen erfahren hat: Neue Richtlinie zur Produkthaftung: Wo geht die Reise hin?
Die neue Produkthaftungsrichtlinie betrifft alle Unternehmen, die Produkte in der EU herstellen oder in den Verkehr bringen. Sie legt den Haftungsrahmen fest, wann Unternehmen für Schäden haften, die durch einen Fehler ihres Produkts verursacht wurden. Ein Produkt ist fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die man berechtigterweise erwarten kann. Wie zuvor handelt es sich um eine verschuldensunabhängige Haftung, d.h. der geschädigte Verbraucher muss keine Fahrlässigkeit oder Vorsatz des Unternehmens nachweisen. Eine Produkthaftung setzt lediglich voraus, dass (i) ein Produkt fehlerhaft war, (ii) eine Person einen Schaden erlitten hat und (iii) ein Kausalzusammenhang zwischen dem Produktfehler und dem erlittenen Schaden besteht.
Die Herstellung und der Verkauf von Produkten haben sich seit der alten Produkthaftungsrichtlinie von 1985 erheblich verändert. Ein Hauptziel der neuen Produkthaftungsrichtlinie besteht daher darin, das Produkthaftungsrecht zu modernisieren und an das digitale Zeitalter anzupassen.
Die neue Produkthaftungsrichtlinie sieht dazu die folgenden Änderungen vor:
Ein weiteres Ziel der neuen Produkthaftungsrichtlinie ist es, Hindernisse für Verbraucher bei der Rechtsdurchsetzung von Schadenersatzansprüchen wegen fehlerhafter Produkte zu beseitigen. Die neue Richtlinie erleichtert daher die Geltendmachung von Produkthaftungsansprüchen erheblich.
Die neue Produkthaftungsrichtlinie enthält hierzu folgende Änderungen:
Neben der neuen Produkthaftungsrichtlinie sollten Hersteller und Anbieter digitaler Produkte oder KI-basierter Produkte in Zukunft die EU-Pläne für eine Richtlinie über KI-Haftung im Auge behalten.
Die Europäische Kommission hat im September 2022 einen Vorschlag für eine Richtlinie über KI-Haftung als Teil eines Pakets mit der KI-Verordnung (VO 2024/1689 , „AI Act“) und der neuen Produkthaftungsrichtlinie veröffentlicht. Während die beiden letztgenannten Rechtsakte inzwischen verabschiedet wurden, ist der Gesetzgebungsprozess für die Richtlinie über KI-Haftung ins Stocken geraten. Am 19. September 2024 hat der Wissenschaftliche Dienst des Europäischen Parlaments eine Studie zum Entwurf der Richtlinie über KI-Haftung veröffentlicht, der derzeit diskutiert wird. Wird die Richtlinie über KI-Haftung verabschiedet, bildet sie zusammen mit der neuen Produkthaftungsrichtlinie ein zivilrechtliches Haftungssystem, das Hersteller und Anbieter von KI-Systemen und -Software vollumfänglich zur Verantwortung zieht.
Es gibt jedoch Unterschiede zwischen den beiden Richtlinien. Nach der neuen Produkthaftungsrichtlinie haften Hersteller oder Anbieter von fehlerhaften KI-Systemen, die physische Schäden, Sachschäden oder Datenverluste von Einzelpersonen verursachen, verschuldensunabhängig. Der Entwurf der Richtlinie über KI-Haftung hingegen deckt die außervertragliche, verschuldensabhängige Haftung ab, und zwar für jede Art von Schaden (einschließlich reiner Vermögensschäden und immaterieller Schäden) und zugunsten jeder Art von Geschädigten (auch juristische Personen).
Die neue EU-Produkthaftungsrichtlinie führt ein strengeres, klägerfreundlicheres Produkthaftungssystem in der EU ein und verringert die Rechtssicherheit für Unternehmen. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen haben, die Produkte in der EU herstellen oder vertreiben, da es für Verbraucher einfacher wird, Schadenersatzansprüche wegen fehlerhafter Produkte geltend zu machen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Beweisführung aufgrund der technischen oder wissenschaftlichen Komplexität des Produkts schwierig ist. In Produkthaftungsverfahren müssen vor Gericht oftmals hochkomplexe wissenschaftliche und technologische Beweise zu dem in Rede stehenden Produkt bewertet werden. Es bleibt daher abzuwarten, wie die Gerichte in der EU die neuen Beweisvermutungen anwenden werden und ob dies in der Praxis zu einer Umkehr (oder zumindest zu einer erheblichen Erleichterung) der Beweislast des Geschädigten führt, was die Produkthaftungsrisiken für Unternehmen in der EU deutlich erhöhen würde.
Die neue Produkthaftungsrichtlinie muss in den Mitgliedsstaaten bis zum 9. Dezember 2026 umgesetzt werden. Die alte Produkthaftungsrichtlinie 85/237/EWG gilt auch danach weiterhin für Produkte, die zu diesem Zeitpunkt bereits in Verkehr gebracht worden sind. Hersteller und Vertreiber sollten die Zeit nutzen, um Folgendes zu tun:
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