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11. Januar 2023

Bundeskartellamt mahnt Google wegen seiner Datenverarbeitungskonditionen ab

  • Briefing

Das Bundeskartellamt hat heute bekanntgegeben, dass es Google wegen seiner Datenverarbeitungskonditionen abgemahnt hat. Nach vorläufiger Einschätzung des Bundeskartellamts verstößt Google gegen die Vorschrift des § 19a GWB, indem Google eine Vielzahl von Daten aus den verschiedenen von Google angebotenen Diensten (z. B. Google Suche, YouTube, Google Play, Google Maps) kombiniert und für Werbung und die Verbesserung der eigenen Produkte nutzt, ohne den Nutzern eine ausreichende Wahl zu bieten, ob und inwieweit diese mit der diensteübergreifenden Verarbeitung einverstanden sind. Das Bundeskartellamt verlangt insbesondere, dass Nutzer der Google-Dienste die Nutzung ihrer Daten auf den jeweils genutzten Dienst beschränken können.

Das Bundeskartellamt hatte bereits im Dezember 2021 eine Entscheidung erlassen, wonach Google als Normadressat der mit der 10. GWB-Novelle eingeführten Vorschrift des § 19a GWB anzusehen ist, weil es sich um ein Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb handelt. Damit unterliegt Google in Deutschland für einen Zeitraum von fünf Jahren der besonderen Missbrauchsaufsicht durch das Bundeskartellamt nach § 19a Abs. 2 GWB, wonach die Behörde bestimmte wettbewerbsgefährdende Praktiken untersagen darf.
Die Abmahnung der diensteübergreifenden Datenverarbeitung von Google dürfte das Bundeskartellamt auf die Vorschrift des § 19a Abs. 2 Nr. 4 GWB stützen. Danach kann das Bundeskartellamt Normadressaten untersagen, durch die Verarbeitung wettbewerbsrelevanter Daten, die das Unternehmen gesammelt hat, Marktzutrittsschranken zu errichten oder spürbar zu erhöhen, oder andere Unternehmen in sonstiger Weise zu behindern, oder Geschäftsbedingungen zu fordern, die eine solche Verarbeitung zulassen. Ein Regelbeispiel für einen solchen Verstoß liegt vor, wenn der Normadressat die Nutzung von Diensten davon abhängig macht, dass Nutzer der Verarbeitung von Daten aus anderen Diensten des Unternehmens oder eines Drittanbieters zustimmen, ohne den Nutzern eine ausreichende Wahlmöglichkeit hinsichtlich des Umstands, des Zwecks und der Art und Weise der Verarbeitung einzuräumen.

Der Vorwurf des Bundeskartellamts erinnert stark an das Verfahren der Behörde gegen Facebook. Im Jahr 2016 hatte das Bundeskartellamt Facebook untersagt, Nutzerdaten eigener Dienste wie z. B. WhatsApp und Instagram ohne eine nach der DSGVO wirksame Einwilligung mit dem Facebook-Account zu erfassen und zu verarbeiten. Der BGH bestätigte später im Eilverfahren im Ergebnis die Entscheidung des Bundeskartellamts – wenngleich mit einer anderen Begründung als das Amt. Der BGH sah einen Ausbeutungsmissbrauch zulasten der Nutzer in einer aufgedrängten Leistungserweiterung. Der Nutzer habe keine Wahlmöglichkeit zwischen der Nutzung von Facebook ohne eine diensteübergreifende Verarbeitung seiner Daten und einer Nutzung von Facebook mit einer diensteübergreifenden Nutzung seiner Daten (Rn. 64 der Entscheidung). Die umfassende Verarbeitung der Nutzerdaten ermögliche Facebook u. a. Vorteile gegenüber Wettbewerbern um Werbeverträge und es werde hierdurch eine zusätzliche Marktzutrittsschranke errichtet. Daher stelle das Verhalten auch einen Behinderungsmissbrauch dar (Rn. 92 ff. der Entscheidung).
Die Abmahnung des Bundeskartellamts gegen Google ruft vor diesem Hintergrund die Frage hervor, ob Google mit seinen Nutzungsbedingungen tatsächlich Marktzutrittsschranken errichtet bzw. damit eine Behinderung des Wettbewerbs einhergeht oder ob die Datennutzung durch Google und die damit einhergehenden Produktverbesserungen nicht doch vielmehr Ergebnis schützenswerten Leistungswettbewerbs sind. Der Nachweis einer Behinderung des Wettbewerbs durch die Datenverarbeitung wäre u. E. für eine auf § 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB gestützte Untersagung zwingend erforderlich.
Zudem stellt sich auch in diesem auf § 19a GWB gestützten Verfahren des Bundeskartellamts die Frage des Verhältnisses der Vorschrift zur kartellrechtsnahen Regulierung von Gatekeepern unter dem Digital Markets Act (DMA), in dessen Anwendungsbereich Alphabet bzw. Google mit einigen zentralen Plattformdiensten fallen dürfte.

Geht man davon aus, dass es sich bei § 19a GWB um eine nationale Wettbewerbsvorschrift i. S. d. Art. 1 Abs. 6 DMA handelt (und nicht um eine Rechts- oder Verwaltungsvorschrift zur Gewährleistung bestreitbarer und fairer Märkte i. S. d. Art. 1 Abs. 5 DMA), dürfen den Gatekeepern keine zusätzlichen Verpflichtungen auferlegt werden (siehe hierzu Horn/Schmalenberger, K&R 2022, 465, 467). Daher dürfte eine auf § 19a Abs. 4 GWB gestützte Untersagung der diensteübergreifenden Datenverarbeitung durch Google ab Geltung der Verhaltenspflichten unter dem DMA allenfalls eingeschränkt Bestand haben können. Denn auch nach Art. 5 Abs. 2 DMA darf der Gatekeeper nicht personenbezogene Daten aus einem zentralen Plattformdienst mit personenbezogenen Daten aus weiteren zentralen Plattformdiensten oder aus anderen vom Gatekeeper bereitgestellten Diensten oder mit personenbezogenen Daten aus Diensten Dritter zusammenführen und auch nicht personenbezogene Daten aus einem zentralen Plattformdienst in anderen vom Gatekeeper bereitgestellten Diensten weiterverwenden, außer wenn der Endnutzer gemäß der DSGVO hierin eingewilligt hat.
Da die Google-Suchmaschine, YouTube und der Webbrowser Chrome als zentrale Plattformdienste voraussichtlich den Regelungen des DMA unterfallen werden, würde Art. 5 Abs. 2 DMA die Vorschrift des § 19a GWB jedenfalls für diese wesentlichen Dienste verdrängen.

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