27. April 2022

Aktuelles von der FWB und der BaFin

  • Briefing

Neue AGB für den Freiverkehr an der Frankfurter Wertpapierbörse

Mit Wirkung zum 1. April 2022 wurden die Allgemeinen Geschäftsbedingungen („AGB“) der Deutsche Börse AG („DBAG“) für den Freiverkehr an der Frankfurter Wertpapierbörse geändert. Hervorzuheben sind insbesondere die Änderungen der Einbeziehungsvoraussetzungen und Einbeziehungsfolgepflichten für das Segment Scale:

Einbeziehungsvoraussetzungen

Aufgrund der Streichung des § 17 Abs. 1 lit. e) der AGB können nunmehr auch Aktien in das Segment Scale einbezogen werden, die im Falle von Nennbetragsaktien/Stückaktien den Mindestnennbetrag/rechnerischen Wert von EUR 1,00 nicht erreichen. Zwar hat dies aufgrund der aktienrechtlichen Vorschriften (§ 8 Abs. 2 S. 1 bzw. § 8 Abs. 3 S. 3 AktG) keine Auswirkungen auf deutsche Aktiengesellschaften. Emittenten aus dem Ausland haben hierdurch jedoch vermehrt die Möglichkeit, ihre Aktien im Segment Scale einzubeziehen.

Einbeziehungsfolgepflichten

§ 21 Abs. 1 lit. c) der AGB bestimmt nun, dass ein Emittent, dessen Aktien/Aktien vertretende Zertifikate im Segment Scale einbezogen sind, Finanzanalysen (Initial Research und Research Updates) auf seiner Internetseite veröffentlichen und für mindestens 24 Monate veröffentlicht halten muss.

Zum einen muss der Emittent spätestens sechs Wochen nach der Einbeziehung einen Initial Research veröffentlichen, der eine umfassende Analyse des einbezogenen Wertpapiers bzw. Unternehmens darstellen muss. Der Initial Research muss mindestens eine Executive Summary, eine Analyse der wesentlichen Ertrags-, Bilanz- und Liquiditätskennzahlen, eine Markt- und Wettbewerbsanalyse, ein Prognosemodell und eine Bewertung im Zusammenhang mit einem Kursziel beinhalten.

Zum anderen muss der Emittent spätestens zwei Wochen nach Ablauf der Übermittlungsfrist für den Jahresabschluss bzw. Halbjahresabschluss Research Updates veröffentlichen, die sich mit der Analyse des jeweils relevanten Abschlusses befassen. Die Research Updates müssen mindestens eine Analyse der wesentlichen Ertrags-, Bilanz- und Liquiditätskennzahlen, ein aktualisiertes Prognosemodell und eine aktualisierte Bewertung enthalten.

Erfüllt der Emittent diese Pflicht nicht, ist die DBAG berechtigt, von diesem eine Vertragsstrafe zu fordern, es sei denn, dieser hat den Pflichtverstoß nicht zu vertreten. Bei fahrlässigem/vorsätzlichem Handeln kann die Vertragsstrafe bis zu EUR 12.000/EUR 25.000 betragen (§ 23 Abs. 1, 2 der AGB). Die DBAG ist außerdem berechtigt, eine derartige verhängte Vertragsstrafe unter Nennung des Verpflichteten und des konkreten Pflichtverstoßes zu veröffentlichen (§ 24 der AGB). Schließlich stellt ein solcher Pflichtverstoß einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung durch die DBAG dar (§ 27 Abs. 2 lit. c)). 

Fortführung von Corona-Krisenmaßnahmen der BaFin

Im März 2020 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen („BaFin“) beschlossen, einige ihrer Anforderungen vorübergehend an die besonderen Gegebenheiten der Corona-Pandemie anzupassen. Hierdurch sollten insbesondere die Folgen der Pandemie für Unternehmen gemildert und diese entlastet werden. Die BaFin veröffentlichte dafür auf ihrer Website diverse Fragen und Antworten („FAQs“), die bei Bedarf aktualisiert wurden.

Zum 30. Juni 2022 beendet die BaFin die meisten ihrer Krisenmaßnahmen, da die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die beaufsichtigten Unternehmen und die Finanzstabilität aus Sicht der BaFin nun ohne diese Krisenmaßnahmen bewältigt werden können. Dies steht jedoch unter dem Vorbehalt einer positiven Entwicklung der Pandemielage. Bei keiner Verbesserung oder sogar einer Verschlechterung der Pandemielage sollen die FAQs auch über das geplante Ablaufdatum hinaus aufrechterhalten werden.

Die nachfolgend dargestellten Entlastungen sollen über den 30. Juni 2022 hinaus Verwaltungspraxis der BaFin bleiben:

  • Die unter gewissen Umständen zulässigen Ausnahmen von Vor-Ort Prüfungen, wie z.B. im Rahmen der Jahresabschlussprüfung nach den §§ 28 ff. KWG oder im Rahmen der Prüfungen nach § 89 WpHG. Wird von einer solchen Vor-Ort Prüfung abgesehen, haben die Unternehmen jedoch grundsätzlich dafür Sorge zu tragen, dass den Prüfern die für die Prüfung erforderlichen Unterlagen per elektronischem Zugriff zur Verfügung gestellt werden. Ist es nicht möglich, alle erforderlichen Unterlagen auf diesem Wege zur Verfügung zu stellen, ist dies zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. In diesen Fällen verfolgt die BaFin mögliche Fristverstöße nicht.
  • Die aufsichtsrechtlichen Anforderungen für die Ausübung von Handelsgeschäften aus dem Homeoffice. Grundsätzlich dürfen Handelsgeschäfte außerhalb von Geschäftsräumen nur unter strengen Voraussetzungen abgeschlossen werden. Diese Regelungen wurden vorübergehend für eine Homeoffice-Regelung gelockert. Die Lockerungen sollen nun so lange gelten, bis dauerhafte Regelungen im Rahmen der Neuregelung der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) bzw. der Mindestanforderungen an das Risikomanagement von Kapitalverwaltungsgesellschaften (KAMaRisk) geschaffen worden sind.
  • Die angepassten Regelungen zu Geschäftsabschlüssen für Investmentvermögen. Durch diese Anpassung ist es möglich, Geschäftsabschlüsse für das Investmentvermögen außerhalb von Geschäftsräumen, z.B. vom Homeoffice aus, durchzuführen. Diese Regelungen sollen noch fortgelten, um bei nicht vorhandenen Zugangsmöglichkeiten zu Büro- oder Geschäftsräumen die Möglichkeit zu schaffen, den Geschäftsbetrieb aufrechterhalten zu können.
  • Die FAQs zu staatlichen Förderprogrammen. Diese sind mit dem Auslaufen der Förderprogramme verbunden und werden mit deren Auslaufen zur Löschung vorgemerkt.

Eine Auflistung der bereits beendeten Corona-Krisenmaßnahmen kann unter

https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/CoronaVirus/FAQ_Archiv/FAQ_Archiv_node.html?cms_gtp=17573982_list%253D2#ID_17573920

und eine Auflistung der zum 30. Juni 2022 auslaufenden Corona-Krisenmaßnahmen unter

https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/CoronaVirus/CoronaVirus_node.html?cms_gtp=13831694_list%253D2#ID_13831694

aufgerufen werden.

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