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13. Dezember 2021

Werbung für ärztliche Fernbehandlung grundsätzlich unzulässig

  • Briefing

– Ausnahmen möglich bei entsprechenden allgemein anerkannten fachlichen Standards

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Frage entschieden, ob eine private Krankenversicherung für ärztliche Fernbehandlungen über eine App durch in der Schweiz ansässige Ärzte werben darf. Dort sind Fernbehandlungen weitgehend zulässig. Das Ergebnis: Der privaten Krankenversicherung ist dies nicht gestattet, jedenfalls nicht in der streitgegenständlichen Form. Der Entscheidung lassen sich aber Anhaltspunkte dafür entnehmen, unter welchen Voraussetzungen zukünftig für Fernbehandlungen geworben werden darf.

Entzündet hatte sich das Verfahren am Angebot eines „digitalen Arztbesuchs“ durch eine private Krankenversicherung. Mittels einer App sollte die „Sprechstunde“ bei in der Schweiz ansässigen Ärzten erfolgen. Die Wettbewerbszentrale sah in dieser Werbung einen Verstoß gegen das Verbot der Werbung für Fernbehandlungen nach § 9 HWG. Sie nahm die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch und hatte damit in den Vorinstanzen Erfolg. Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Entscheidungen, ließ aber gleichzeitig Raum für weitere Entwicklungen auf dem Gesundheitsmarkt.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die beanstandete Werbung gegen § 9 HWG verstößt. Denn die Beklagte habe unter Verstoß gegen § 9 Satz 1 HWG für die Erkennung und Behandlung von Krankheiten geworben, die nicht auf eigener Wahrnehmung an dem Patienten beruht. Eine eigene Wahrnehmung im Sinne dieser Vorschrift setzte voraus, dass der Arzt den Patienten nicht nur sehen und hören, sondern auch körperlich untersuchen kann. Dies sei im Rahmen einer Videosprechstunde ausgeschlossen.

Daran ändere auch nichts, dass nach § 9 Satz 2 HWG die Werbung für Fernbehandlungen, die unter Verwendung von Kommunikationsmedien – wie Apps – erfolgen, zulässig sein könne, wenn nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem Patienten nicht erforderlich ist. Derartige fachliche Standards, wie sie § 630a Abs. 2 BGB für Behandlungsverträge vorsieht, gibt es aktuell kaum und wurden dementsprechend auch nicht von der Beklagten behauptet. Dies muss aber nicht so bleiben, wie der Bundesgerichtshof meint: Danach können sich solche Standards im Laufe der Zeit entwickeln, etwa aus den Leitlinien medizinischer Fachgesellschaften oder den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses gemäß §§ 92, 136 SGB V. Die Entscheidung bringt etwas Klarheit in einem wichtigen Feld der digitalen Medizin. Durch Fernbehandlungen lassen sich Wege und Kosten einsparen – so lautete denn auch der Werbeslogan der Beklagten „Bleib einfach im Bett, wenn Du zum Arzt gehst“. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist von großer Bedeutung für die Entwicklung von Fernbehandlungsangeboten, zeigt sie doch sowohl Möglichkeiten als auch Grenzen auf. Möglicherweise können auch die noch nicht veröffentlichten Entscheidungsgründe noch mehr Licht ins Dunkel bringen.

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