22. Juni 2021
Bis zum 1. Mai 2021 hatte der deutsche Gesetzgeber Zeit, die Richtlinie (EU) 2019/633 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette (kurz: UTP-Richtlinie) in national geltendes Recht zu überführen. Die UTP-Richtlinie soll dabei EU-weit ein einheitliches Schutzniveau zur Bekämpfung von unlauteren Handelspraktiken in der Agrar- und Lebensmittellieferkette etablieren. Bezweckt wird ein besserer Schutz der landwirtschaftlichen Primärerzeuger. Aber auch alle beteiligten Lieferanten werden erfasst, da von unlauteren Geschäftspraktiken von Seiten der Käufer regelmäßig „Kaskadeneffekte“ (Erwägungsgrund 7 der UTP-Richtlinie) bis hin zur Primärebene ausgehen.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die UTP-Richtlinie noch nicht umgesetzt, wenn auch in naher Zukunft damit zu rechnen ist. So hat das „Zweite Gesetz zur Änderung des Agrarstrukturgesetzes“ bereits den Bundestag und Bundesrat passiert und wurde in der Ausschussfassung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft (Drucksachen 19/26102; 19/26923; 19/29386) am 6. Mai 2021 im Bundestag angenommen und am 28. Mai 2021 vom Bundesrat gebilligt. Druck, der Gegenzeichnung, Ausfertigung und Verkündung stehen nun unmittelbar bevor.
Ausgangspunkt der Änderungen bildet das bisher geltende Agrarmarktstrukturgesetz (AgrarMSG), das nun um einen Teil 3 (§§ 10 – 53) zu unlauteren Handelspraktiken erweitert wird. Um den erweiterten Anwendungsbereich deutlich zu machen, soll das geänderte Gesetz gleichzeitig in „Gesetz zur Stärkung der Organisationen und Lieferketten im Agrarbereich (Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz – AgrarOLkG)“ umbenannt werden. Ob die jeweilige Lieferbeziehung unter das Gesetz fällt, bestimmt sich nach verschiedenen Schwellenwerten für die Jahresumsätze der Lieferanten und Käufer gemäß § 10 Abs. 1 AgrarOLkG. Bei Anwendbarkeit werden die Liefervereinbarungen weitreichenden Einschränkungen unterworfen. Dabei ist der Gesetzgeber sogar an manchen Stellen über das vorgegebene Mindestmaß zur Umsetzung hinausgegangen. So ist beispielsweise sogar eine einverständliche Vereinbarung, dass das Zurückschicken nicht verkaufter Erzeugnisse ohne Zahlung des Kaufpreises und Zahlung etwaiger entstandener Beseitigungskosten an den Lieferanten erfolgt, gemäß § 12 AgrarOLkG unwirksam. Gleiches gilt gemäß § 14 AgrarOLkG für die Vereinbarung von Zahlungen oder Preisnachlässen für die Lagerung von Erzeugnissen beim Käufer.