29. April 2021
Ist es einem Arbeitgeber untersagt, seinen Betrieb aufgrund behördlich angeordneter bzw. veranlasster Betriebsschließung zu betreiben, betrifft dies sein Betriebsrisiko und er hat seinen Beschäftigten Lohnfortzahlung zu gewähren, auch wenn diese keine Arbeitsleistung erbracht haben. So entschied das LAG Düsseldorf mit Urteil vom 30. März 2021 (8 Sa 674/20 – bislang liegt nur die Pressemitteilung vor).
Die Klägerin war vom 1. April 2016 bis zum 30. April 2020 bei der Beklagten, die eine Spielhalle betreibt, beschäftigt. Anschließend trat sie in den Ruhestand ein. Aufgrund der Corona-Pandemie war die Beklagte zunächst auf Grund behördlicher Allgemeinverfügung gezwungen, ihren Betrieb ab dem 16. März 2020 zu schließen, anschließend untersagte § 3 Abs. 1 Nr. 6 der CoronaSchVO NRW vom 22. März 2020 den Betrieb von Spielhallen. Die arbeitsbereite Klägerin hätte im April 2020 normalerweise 62 Stunden gearbeitet. Sie bezog kein Kurzarbeitergeld. Die Beklagte erhielt für die Monate März und April 2020 staatliche Ausgleichszahlungen i.H.v EUR 15.000,00. Die Klägerin begehrte die Zahlung der Vergütung für die ausgefallenen Arbeitsstunden im April 2020 und trug vor, dass die Arbeitgeberin auch in der Pandemie das Betriebsrisiko trage. Die Beklagte berief sich darauf, dass der Lohnausfall dem allgemeinen Lebensrisiko der Klägerin zuzuordnen sei und sie die Arbeitskraft der Klägerin aufgrund der angeordneten Betriebsschließung nicht annehmen konnte.
Das LAG Düsseldorf bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung und sprach der Klägerin die Vergütung für 62 ausgefallene Arbeitsstunden aus § 615 S. 1 i.V.m. § 615 S. 3 BGB zu, weil sich die Beklagte im Annahmeverzug befand. Nach der gesetzlichen Wertung des § 615 S. 3 BGB trage der Arbeitgeber das Betriebsrisiko. Hierunter seien Ursachen zu verstehen, die von außen auf den Betrieb einwirken und die Fortführung des Betriebs verhindern. Erfasst seien auch Fälle höherer Gewalt, wie etwa Naturkatastrophen, Überschwemmungen oder extreme Witterungsverhältnisse. Die aktuelle Pandemie sei ein solcher Fall. Dass die durch die CoronaSchVO bedingte staatliche Schließung dieses Risiko zu Lasten der Beklagten verwirkliche, ändere daran nichts. Die durch eine Pandemie begründete Betriebsschließung gehöre zum Betriebsrisiko i.S.v. § 615 Satz 3 BGB. Mangels klarer Abgrenzbarkeit sei nicht darauf abzustellen, ob diese Schließung eine gesamte Branche, die zunächst als solche abzugrenzen wäre, oder nur einzelne Betriebe dieser Branche, gegebenenfalls bundesweit, nur in einzelnen Ländern oder aber örtlich begrenzt erfasse. Auf die Reichweite des behördlichen Verbots könne daher nicht abgestellt werden. Ein Fall, in dem die Klägerin ihre Arbeitskraft gar nicht mehr verwerten könnte, was ggf. zum allgemeinen Lebensrisiko gehöre, liege nicht vor. Das Urteil des LAG Düsseldorf ist noch nicht rechtskräftig und die Revision zum BAG zugelassen.
Voraussetzungen, unter denen eine Arbeitnehmer Schadensersatz wegen unterbliebener (Bonus-)Zielvereinbarung verlangen kann
von Christine Conzen
von Christine Conzen