Die Äußerungen vieler Politikerinnen und Politiker auf Bundesebene sowie auf Landesebene, aber auch in den Medien sowie die nun angekündigte Änderung des Infektionsschutzgesetzes im Hinblick auf Entgeltfortzahlung im Quarantänefall nach Urlaubsreisen in Risikogebiete sind so vielschichtig und unterschiedlich, dass hier eine Klarstellung über die aktuelle Rechtslage, die sich auch durch die vorgesehene Änderung des Infektionsschutzgesetzes nicht ändern wird, in aller Kürze nochmals zusammengefasst dargestellt werden soll.
Testpflicht
Wer in die Bundesrepublik aus einem Risikogebiet einreist und sich 14 Tage vor der Einreise in einem vom Robert-Koch-Institut (RKI) bestimmten Risikogebiet aufgehalten hat, muss nach der Testpflichtverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit auf Anforderung des zuständigen Gesundheitsamtes oder der sonstigen vom Land bestimmten Stelle entweder ein negatives Testergebnis auf Sars-CoV-2 nachweisen oder innerhalb von 14 Tagen nach der Einreise einen Test machen. Die Umsetzung der Attestpflicht erfolgt durch die Bundesländer. Diese seit dem 8. August 2020 in Kraft getretene Testpflicht soll nun durch eine „strategisch ausgerichtete Testpflicht“ ersetzt werden.
Ohne Arbeit kein Lohn
Reisende, die im Rahmen einer privaten Urlaubsreise in ein vom RKI eingestuftes Risikogebiet reisen und sich anschließend nach ihrer Rückkehr in eine 14-tägige häusliche Quarantäne zu begeben haben, erhalten grundsätzlich keinen Arbeitslohn. Hier gilt wie stets der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“. Einen Lohnanspruch können daher nur solche Beschäftigte erhalten, die in der häuslichen Quarantäne auch tatsächlich (z. B. im Homeoffice) ihre Arbeitsleistung erbringen können.
Lohnanspruch trotz vorübergehender Verhinderung
Ein solcher Vergütungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 616 BGB, der unter bestimmten Voraussetzungen bei einer vorübergehenden Verhinderung des Arbeitnehmers einen Vergütungsanspruch vorsieht. Da dem urlaubsreisenden Beschäftigten vor Urlaubsantritt die Einstufung des Zielgebietes als Risikogebiet bekannt war bzw. hätte bekannt sein müssen, hat der Beschäftigte seine Arbeitsverhinderung selbst verschuldet, sodass sein Anspruch aus § 616 BGB ausscheidet.
Lohn-(Ersatzanspruch) nach § 56 InFSchG
Die gleichen Grundsätze gelten auch im Rahmen einer Entschädigung nach § 56 Infektionsschutzgesetz. Auch dieser setzt voraus, dass die Quarantäne und die damit verbundene Arbeitsunfähigkeit nicht selbst verschuldet ist.
Keine Entgeltfortzahlung bei Corona Erkrankung
Noch viel schwerwiegender ist die Rechtslage für tatsächlich nach Rückkehr an Corona erkrankten Beschäftigte aus Risikogebieten. Hier entfällt nach den vorstehenden Grundsätzen sogar der Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 EntgeltfortzahlungsG, der ja ebenfalls voraussetzt, dass dem Erkrankten kein Verschulden an seiner Arbeitsunfähigkeit trifft. Bei einer wissentlichen Reise in ein Risikogebiet wird man jedoch ohne weiteres ein Verschulden gegen sich selbst annehmen können, sodass sogar bei einer Erkrankung an Corona die Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers entfällt.
Gesetzesänderung
Die Bundeskanzlerin kündigte in ihrer Pressekonferenz vom 27. August 2020 an, dass geplant sei, das Infektionsschutzgesetz dergestalt zu ändern, dass Beschäftigte, die wissentlich in ein vom RKI bestimmtes Risikogebiet einreisen würden, keinen Anspruch auf Lohnleistung- bzw. Entgeltfortzahlung erhalten sollen. Diese angekündigte Gesetzesinitiative stellt jedoch in Wirklichkeit nicht eine Änderung der Rechtslage dar, sondern zeichnet die Rechtslage, wie sie sich aus der Rechtsprechung und den bereits bestehenden gesetzlichen Vorschriften ergibt, nur nach.
Hinweise für die Praxis
Entscheidet sich ein Beschäftigter für den Antritt einer Urlaubsreise in ein Risikogebiet, muss er damit rechnen, dass er für den Zeitraum der Quarantäne entweder weiteren Urlaub einzubringen hat oder auf seinen Lohn während der Quarantänezeit verzichten muss. Arbeitgeber dagegen sind zu einer Lohnzahlung für den Zeitraum der Quarantänepflicht nicht verpflichtet, es sei denn der Beschäftigte kann die Arbeit im Wege des Homeoffice erbringen. Damit führt die Bestimmung von Ländern oder Regionen zu Risikogebieten durch das RKI zu einem faktischen Urlaubsreiseverbot, wenn Beschäftigte ihren Lohnanspruch nicht riskieren wollen.
Anders stellt sich die Rechtslage natürlich bei Dienstreisen dar. Hier treffen den Arbeitgeber erhöhte Schutzpflichten gegenüber dem Arbeitnehmer, den er auf Dienstreise in ein Risikogebiet entsenden möchte. Im Falle der Quarantäne nach Rückkehr und auch während einer etwaigen Erkrankung an Corona in der Zeit der Quarantänepflicht bleibt dem Beschäftigten der Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber erhalten.