8. April 2020
Aufgrund der weltweit anhaltenden Krise stehen Unternehmen vor enormen Herausforderungen. Zum Schutz der Wirtschaft wurde kürzlich abermals ein umfassendes Maßnahmenpaket beschlossen, das der österreichischen Wirtschaft bei der Bewältigung der Herausforderungen helfen soll.
Vorweg – das Maßnahmenpaket ist grundsätzlich zu begrüßen und bietet dringend notwendige Entlastungen für Unternehmen. Aufgrund der Fülle der während der Krise beschlossenen Maßnahmen und Wechselwirkungen mit alten gesetzlichen Bestimmungen wird die Entscheidungsfindung und vor allem die Abschätzung der Auswirkungen jedoch immer komplizierter.
Wir fassen wir die entscheidenden Änderungen, die sich aus dem soeben beschlossenen Maßnahmenpaket ergeben, kompakt zusammen.
Die österreichische Insolvenzordnung verpflichtet Unternehmen nach Eintritt der Insolvenz, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Sollte der Antrag zu spät gestellt werden, haften Geschäftsführer und Vorstände für die den Gläubigern dadurch entstandenen Schäden. Für Zahlungen, die nach Eintritt der Antragspflicht geleistet werden, haften Geschäftsführer und Vorstände gegenüber der Gesellschaft, sofern die Zahlungen nicht unbedingt notwendig waren, um den Fortbetrieb aufrecht zu erhalten. Im Sinne der Insolvenzordnung ist eine Gesellschaft insolvent, wenn
Die Frist zur Antragsstellung beträgt grundsätzlich höchstens 60 Tage, bei durch Krisen wie COVID-19 ausgelöster Zahlungsunfähigkeit 120 Tage. Diese Höchstfristen dienen dazu, dem Unternehmen noch die Möglichkeit zu geben (aussichtsreiche) Sanierungsversuche zu versuchen. Gelingt binnen dieser (auch als Sanierungsfrist bezeichneten) Höchstfrist keine Sanierung, ist der Antrag jedenfalls am Ende der Frist zu stellen.
Das 4. COVID-19-Gesetz bringt hier umfangreiche Änderungen:
Die aus insolvenzrechtlicher Sicht einschneidendste Maßnahme ist die partielle Aussetzung der Antragspflicht bei Überschuldung.
Die Key-Facts im Detail:
Wie eingangs erwähnt, haften Vorstände und Geschäftsführer grundsätzlich gegenüber der Gesellschaft, wenn sie nach Eintritt der Insolvenzantragspflicht Zahlungen leisten, sofern diese Zahlungen nicht zur Aufrechterhaltung des Betriebes in der Sanierungsfrist notwendig sind.
Die einschlägigen Bestimmungen knüpfen dabei grundsätzlich an die Insolvenzantragspflicht an. Nachdem durch das Maßnahmenpaket die Antragspflicht bei Überschuldung jedoch teilweise ausgesetzt wurde, schlägt dies auch auf die Haftung der Geschäftsführer und Vorstände durch. Während sich der Wegfall der Haftung für Geschäftsführer bereits unmittelbar aus dem GmbH Gesetz ergibt, war für das Aktiengesetz eine Anpassung notwendig. Im 4. COVID-19-Gesetz ist nunmehr ausdrücklich festgehalten, dass die an die Überschuldung anknüpfende Haftung der Vorstände im Zeitraum 1. März 2020 bis 30. Juni 2020 entfällt.
Grundsätzlich können Verträge mit Insolvenzschuldnern, wenn die Vertragsauflösung die Fortführung des Unternehmens gefährden könnte, bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur aus wichtigem Grund aufgelöst werden. Der Verzug mit vor der Insolvenzeröffnung fällig gewordenen Leistungen stellt dabei keinen wichtigen Grund dar. Diese Frist von sechs Monaten kann nunmehr durch das Insolvenzgericht, wenn dann durch eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Abschluss eines (a priori) erfüllbaren Sanierungsplan ermöglicht wird, um bis zu 90 Tage verlängert werden.
Wurde ein Leasingvertrag bereits vor Insolvenzeröffnung aufgelöst, so kann das Leasingobjekt bis zu sechs Monate gegen Zahlung eines Benutzungsentgelts weiterverwendet werden, sofern dies für die Unternehmensfortführung notwendig ist. Auch diese Frist von sechs Monaten kann nunmehr um weitere 90 Tage verlängert werden.
Wenn sich die Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners aufgrund von COVID-19 Maßnahmen, derart verschlechtert, dass fällige Verbindlichkeiten des Zahlungsplans nicht erfüllt werden können, kann bis 14 Tage nach Erhalt einer qualifizierten Mahnung die Stundung der Verbindlichkeiten um bis zu neun Monate beantragt werden.
Das Gericht hat den wesentlichen Inhalt des Stundungs-Antrags in der Insolvenzdatei zu veröffentlichen und die Gläubiger zur Äußerung binnen 14 Tagen aufzufordern. Äußert sich kein Gläubiger, gilt dies als Zustimmung. Die Aufforderung hat einen Hinweis auf diese Rechtsfolge zu enthalten.
Die Stundung muss durch das Gericht u bewilligt werden, wenn die Mehrheit der stimmberechtigten Insolvenzgläubiger dem Antrag zustimmt oder wenn die Stundung nicht mit schweren persönlichen oder wirtschaftlichen Nachteilen eines Gläubigers verbunden ist, der widersprochen hat.
Bis zum Ablauf des 30. April 2020 kann eine gesonderte Zustellung von Schriftstücken an Gläubiger unterbleiben, der wesentliche Inhalt ist dann in der Insolvenzdatei zu veröffentlichen. Für Gläubiger ist es daher wichtig, regelmäßig die Eintragungen in der Insolvenzdatei www.edikte.justiz.gv.at zu überprüfen. Fristverlängerung bei Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung Um Schuldnern mehr Zeit zu geben, einen Sanierungsplan abzuschließen, wird bei Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung die Frist für die Annahme des Sanierungsplans, nach deren Ablauf die Eigenverwaltung zu entziehen ist, von 90 auf 120 Tage erhöht.
Grundsätzlich gilt, dass Geldkredite mit einer Rückzahlungsfrist von mehr als 60 Tagen, die durch Gesellschafter in Krisensituationen gewährt werden, als „eigenkapitalersetzend“ gelten und somit einer Rückzahlungssperre unterliegen. Im Grunde sind diesbezügliche Rückzahlungsforderungen gegenüber den Forderungen der übrigen Gläubiger damit nachrangig und dürfen erst zurückgezahlt werden, wenn sämtliche anderen Gläubiger befriedigt wurden
Um Sanierungsmaßnahmen zu erleichtern und Gesellschafter, die selbst aufgrund der anhaltenden Krise vor enormen Herausforderungen stehen zu schützen, gelten nunmehr unbesicherte Geldkredite, die bis zum Ablauf des 30. Juni 2020 für nicht mehr als 120 Tage gewährt und zugezählt werden, nicht als eigenkapitalersetzend. Sie unterliegen daher auch keiner Rückzahlungssperre. In einem allfälligen nachfolgenden Insolvenzverfahren der Gesellschaft sind Forderungen aus derartigen Gesellschafterkrediten sonstigen Insolvenzforderungen gleichzustellen.
Im Rahmen des Maßnahmenpaketes kommt es auch zu Änderungen bei der Staatsgarantie für von Hausbanken an KMUs gewährte Überbrückungskredite.
Die wichtigsten Key-Facts sind:
Um Kleinstunternehmen zu entlasten, wurden weitreichende Maßnahmen ergriffen, die den Druck der Kreditrückzahlungen vermindern. Durch das 4. COVID-19 Gesetz wird in bisher noch nicht dagewesener Weise in die privatrechtlichen Beziehungen zwischen Kreditnehmern und Kreditgebern eingegriffen.
Die Key-Facts im Detail:
Grundsätzlich fallen für die Eintragung von Hypotheken Gebühren in Höhe von 1,2 % des Wertes (also entweder dem Höchstbetrag oder der Höhe der besicherten Forderung) an. Durch das nun beschlossene Maßnahmenpaket entfällt die Gebühr für zur Krisenbewältigung gewährten Darlehen.
Hypotheken zur Besicherung von Darlehen, die ausschließlich zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten im Zusammenhang mit der derzeitigen Krise aufgenommen werden, sind von den Gerichtsgebühren befreit. Voraussetzung ist, dass der Antrag auf Eintragung noch vor dem 1. Juli 2020 bei Gericht eingelangt ist. Der Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie ist mittels Vorlage einer Besicherung der Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS) oder der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank GmbH (ÖHT) oder auf sonst geeignete Weise zu bescheinigen.
Wir stehen Ihnen selbstverständlich jederzeit für Ihre Fragen und eine individuelle Beratung zur Verfügung.
In the media
von Dr. Susanne Fruhstorfer und Andreas Howadt, LL.M., LL.B.
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