21. Juni 2019
Bei der Beurteilung des Schutzumfangs eines Designs ist auf den Gesamteindruck der jeweiligen Entgegenhaltung(en) abzustellen. Ein mosaikartiger Vergleich des Klagedesigns mit einzelnen Elementen verschiedener Entgegenhaltungen ist unzulässig.
Der BGH hat in seinem Urteil vom 24.01.2019 (I ZR 164/17 - Meda Gate) klargestellt, dass bei der Beurteilung des Schutzumfanges des Klagedesigns kein Vergleich der einzelnen prägenden Elemente mit einzelnen Merkmalen verschiedener Entgegenhaltungen vorzunehmen sei. Maßgeblich sei der jeweilige Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Muster. Es sei unzulässig, eine „mosaikartige Gesamtschau“ einzelner Elemente verschiedener Entgegenhaltungen vorzunehmen
Im dem zugrundeliegenden Verfahren hatte die Beklagte das im Folgenden eingeblendete modulare Wartebanksystem angeboten:
Die Klägerin stütze ihre designrechtlichen Ansprüche u.a. auf Gemeinschaftsgeschmacksmuster an dem modularen Wartezonensystem „Meda Gate“, welches u.a. folgende Abbildungen beanspruchte:
Die Beklagte verteidigte sich mit mehreren Entgegenhaltungen aus dem Formenschatz, die jeweils einzelne charakteristische Elemente des Klagedesigns vorwegnahmen und wie folgt ausgestaltet waren:
Das Landgericht Düsseldorf (Az. 14c O 95/16) hatte der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. I-20 U 50/17) hatte das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf sei der Schutzumfang des Klagedesigns gering. Dies folge aus dem geringen Abstand des Klagemusters zu den jeweiligen Einzelelementen verschiedener Entgegenhaltungen.
Diesen Feststellungen trat der BGH entgegen. Er urteilte, dass bei der Beurteilung des Abstandes des Klagedesigns zum vorbekannten Formenschatz kein Vergleich der einzelnen prägenden Elemente des Klagedesigns mit einzelnen Merkmalen vorbekannter Muster vorzunehmen sei. Der Vergleich müsse vielmehr jeweils anhand des Gesamteindrucks des Klagedesigns mit jedem einzelnen Muster aus dem vorbekannten Formenschatz erfolgen. Es komme bei den Entgegenhaltungen gerade nicht auf die Summe der Einzelmerkmale an. Auch wenn die charakteristischen Einzelmerkmale des Klagedesigns isoliert betrachtet zum Formenschatz zählen, kommt es bei der Beurteilung des Schutzumfangs des Klagedesigns nur darauf an, ob der Gesamteindruck des Klagemusters in der Gesamtheit durch eine der Entgegenhaltungen vorweggenommen ist. Das OLG hatte jedoch fehlerhaft einen Vergleich mit der Summe mehrerer Merkmale des Formenschatzes vorgenommen wie z.B. der Art der Konstruktion, Armlehnen, etc. Dies sei eine unzulässige mosaikartige Gesamtschau einzelner Elemente aus dem Formenschatz.
Praxishinweis:
Der BGH hat mit dieser Entscheidung zur Stärkung von Gemeinschaftsgeschmacksmustern beigetragen. Zwar ist es zulässig, mehrere Muster aus dem Formenschatz zur Reduktion des Schutzumfanges des Klagedesigns entgegenzuhalten. Unzulässig ist es jedoch, aus verschiedenen Entgegenhaltungen nur einzelne Elemente herauszugreifen und diese isoliert den charakteristischen Elementen des Klagedesigns entgegenzuhalten. Vielmehr muss die nächstliegende Entgegenhaltung gerade auch die Summe der Designelemente aufweisen, die das Klagedesign charakterisieren.
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