5. Juni 2019

A1-Bescheinigungen: Beantragung bleibt vorerst erforderlich

I. Einleitung

Bei Dienstreisen in das EU-Ausland, sowie in die Schweiz, nach Island, Liechtenstein oder Norwegen (EFTA-Staaten) sind sowohl Arbeitnehmer als auch Selbstständige verpflichtet, sich vorab eine sogenannte A1-Bescheinigung ausstellen zu lassen. Mit dieser lässt sich nachweisen, dass für den Arbeitnehmer bereits in seinem Heimatland Sozialabgaben gezahlt werden und der Arbeitgeber daher nicht verpflichtet ist, entsprechende Abgaben im Zielreiseland des Arbeitnehmers zu zahlen. Hierdurch sollen Schwarzarbeit und Sozialversicherungsbetrug bekämpft werden. Die Beantragung einer A1-Bescheinigung wird trotz ihres Reformbedarfs und entsprechender Bemühungen vorerst weiterhin erforderlich bleiben, sodass dies zum Anlass genommen werden soll, diese Thematik überblicksartig zu beleuchten:

II. A1-Bescheinigung auch bei nur kurzen Dienstreisen

Die A1-Bescheinigung stellt fest, dass eine Person, die in einem EU-Mitgliedsstaat oder EFTA-Staat für einen Arbeitgeber tätig ist auch dann noch den Rechtsvorschriften dieses Staates unterliegt, wenn sie für einen Zeitraum von unter 24 Monaten von ihrem Arbeitgeber in einen anderen EU-Mitgliedsstaat oder EFTA-Staat entsandt wird (Art. 12 Abs. 1 der EU-Verordnung (EG) 883/2004). Eine weitere zeitliche Grenze sieht die Vorschrift nicht vor, d.h., dass A1-Bescheinigungen auch bei einem Tätigwerden von nur wenigen Tagen oder Stunden erforderlich sind.

„Tätig“ im Sinne der Vorschrift wird der Arbeitnehmer bei sämtlichen betrieblich veranlassten Dienstreisen. Hierunter fallen also neben dem operativen Tätigwerden des Arbeitnehmers auch Akquise-Besuche, Messebesuche, Seminare oder auch nur ein geschäftliches Mittagessen.

III. Elektronisches Antragsverfahren: Übergangsfrist nur bis zum 30. Juni 2019

Bereits seit dem 1. Januar 2019 ist für Arbeitgeber das elektronische Antrags- und Bescheinigungsverfahren verpflichtend (§ 106 SGB IV). Aufgrund der mit dieser Neuerung verbundenen Herausforderungen für Arbeitgeber haben sich die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung auf eine Ausnahmeregelung geeinigt: Bis zum 30. Juni 2019 können Arbeitgeber A1-Bescheinigungen in Ausnahmefällen noch in Papierform beantragen. Selbstständige müssen ihre Anträge jedoch weiterhin in Papierform stellen.

Wo die A1-Bescheinigungen beantragt werden muss ist davon abhängig, wie der jeweilige Arbeitnehmer versichert ist. Bei gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmern ist der Antrag bei der Krankenkasse zu stellen, bei privat versicherten Mitarbeitern bei der Deutschen Rentenversicherung. Für Mitglieder berufsständischer Versorgungseinrichtungen muss der Antrag an die Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen gerichtet werden.

IV. Vorliegen einer A1-Bescheinigung wird zunehmend kontrolliert

Das Erfordernis der A1-Bescheinigung gilt bereits seit 2010. Nun werden jedoch verstärkt Kontrollen durchgeführt. Arbeitnehmer werden an Eingängen zu Messegeländen kontrolliert oder an der Hotelrezeption nach der Bescheinigung gefragt, wenn sie angeben, dass ihr Aufenthalt dienstliche Gründe hat. Verstärkt trifft dies die Transport- und Baubranche. Wenn keine A1-Bescheinigung vorliegt, kann es teuer werden. So erheben Österreich und Frankreich Bußgelder, in anderen Ländern werden Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert.

V. Praxishinweise

Da die behördlichen Kontrollen in den EU-/EFTA-Staaten zunehmen, sollten A1-Bescheinigungen auch bei kurzen Dienstreisen beantragt und vom Arbeitnehmer mitgeführt werden. Wenn eine beantragte Bescheinigung nicht rechtzeitig ausgestellt werden kann, sollte der Nachweis, dass der Arbeitnehmer bereits in seinem Herkunftsland Sozialabgaben zahlt, durch ein anderes Dokument erbracht werden. Hierzu kann beispielsweise eine Lohn- und Gehaltsabrechnung dienen, aus der ersichtlich ist, dass Sozialabgaben für den Arbeitnehmer gezahlt wurden oder eine frühere A1-Bescheinigung. Voraussichtlich sollen Arbeitgeber ab Januar 2020 bereits bei elektronischer Beantragung der Bescheinigung eine Bestätigung bekommen, die ebenfalls als Nachweis dienen kann. Die A1-Bescheinigung selbst kann dann im Falle einer Kontrolle nachgereicht werden.

VI. Ausblick

Die A1-Bescheinigung steht zunehmend in der Kritik. Der bürokratische Aufwand für jeden Mitarbeiter für jede noch so kurze Dienstreise eine A1-Bescheinigung immer wieder neu beantragen zu müssen, lässt sich mit der Schnelllebigkeit unserer Arbeitswelt und der dafür erforderlichen Flexibilität nur schwer in Einklang bringen. Zwar gibt es bereits die Möglichkeit Dauerbescheinigungen ausstellen zu lassen, dies jedoch nur wenn die Einsätze regelmäßig wiederkehrend in einem bestimmten (oder mehreren bestimmten) Mitgliedsstaaten erfolgen. Der kurzfristig erforderliche Besuch beim Kunden im Ausland wird daher auch von einer Dauerbescheinigung nicht erfasst.

Im März 2019 hat die Europäische Kommission verkündet, dass sich das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission auf die Überarbeitung der Regeln zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit geeinigt haben. Diese erste vorläufige Einigung enthielt auch die Abschaffung der A1-Bescheinigung und die erstmalige Definition der Dienstreise. Dieser Vorschlag wurde jedoch vom Europäischen Rat abgelehnt. Es bleibt daher abzuwarten welche Änderungen die Reform mit sich bringt, das Erfordernis der Beantragung einer A1-Bescheinigung bleibt jedoch vorerst bestehen.

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