26. Juli 2018
Der Ausspruch einer Verdachtskündigung in Form einer fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund erfordert vom Arbeitgeber erhöhte Sorgfalt. Er muss sich vor Ausspruch der Kündigung um die Aufklärung der Tatsachen bemühen und den Arbeitnehmer vorher anhören. Zuviel Zeit darf er sich aber nicht lassen, sonst droht die Kündigung an der zweiwöchigen Erklärungsfrist zu scheitern. Dem goldenen Mittelweg ein Stück näher bringt uns die Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein vom 21. März 2018 (3 Sa 398/17).
1. Sachverhalt
Der Kläger war seit vier Jahren als Entwicklungsingenieur bei der Beklagten beschäftigt. Im Zuge einer Versetzung erhielt der Kläger von der Beklagten im Juni 2016 einen Dienstlaptop. Von dem darauffolgenden Tag an war der Kläger durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Während seiner Erkrankung lud der Kläger vom Server der Beklagten größere Datenmengen unternehmensinterner Unterlagen herunter, woraufhin die Beklagte dem Kläger den Zugang zum Server sperrte und den Laptop herausverlangte. Nur wenige Tage später, am 04. August 2016 ging der Beklagten auch ein vom Kläger übersandter Laptop zu, allerdings stellte sich heraus, dass es sich dabei nicht um den übergebenen Dienstlaptop handelte. Die Beklagte vermutete planmäßiges Handeln zur Verschleierung des unberechtigten Downloads von Daten. Am Abend des 04. August 2016 (Donnerstag) ging dem Kläger deshalb eine Androhung der Verdachtskündigung mit schriftlicher Aufforderung zur Stellungnahme zu. Die Beklagte setzte in diesem Schreiben eine Frist bis zum 08. August 2016, 13 Uhr (Montag). Nachdem bei Fristablauf keine Stellungnahme vorlag, kündigte die Beklagte am 12. August 2016 außerordentlich, hilfsweise ordentlich.
Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts, das der Kündigungsschutzklage stattgegeben hatte. Die außerordentliche Kündigung ist somit unwirksam.
Bei der Verdachtskündigung kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zwar gegebenenfalls kündigen, obwohl nicht sicher feststeht, dass der Arbeitnehmer sich vertragswidrig verhalten hat. Ist bereits der hinreichend begründete Verdacht einer Pflichtverletzung so schwerwiegend, dass der Arbeitgeber begründeter Weise das Vertrauen in den Arbeitnehmer verloren hat, so kann er bereits aus diesem Grund kündigen (sog. Verdachtskündigung). Die Verdachtskündigung kann aber nur Erfolg haben, wenn der Arbeitgeber zügig alles Zumutbare unternimmt, um den Sachverhalt aufzuklären und sich der Verdacht einer schwerwiegenden Vertragsverletzung danach weiterhin aufdrängt. Hierzu gehört insbesondere die Anhörung des Arbeitnehmers.
Die Anhörung war im vorliegenden Fall jedoch nicht wirksam durchgeführt worden. Dem Kläger, der sich bereits in anderen Streitigkeiten anwaltlich hatte vertreten lassen, wurde nicht genug Zeit gegeben, um zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Dies gelte umso mehr, da dem gegenüber der Beklagten bestellte Rechtsanwalt des Klägers das Anhörungsschreiben nicht z.B. per Fax zugesandt worden war. Aufgrund der Erkrankung des Klägers hätte die Beklagte ferner nicht davon ausgehen können, dass der Kläger sich dauerhaft zuhause aufhalte.
Bei einer Verdachtskündigung sind Arbeitgeber gut beraten, planvoll vorzugehen. Bevor die zweiwöchige Erklärungsfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB zu laufen beginnt, kann der Arbeitgeber die Aufklärung des Sachverhalts betreiben. Dabei sollten Arbeitgeber sämtliche Schritte der Sachverhaltsaufklärung sorgfältig dokumentieren, um später nachweisen zu können, dass die Aufklärung des Sachverhalts mit der gebotenen Eile betrieben wurde.
Die Anhörung des Arbeitnehmers ist zwingend bei jeder Verdachtskündigung vorzunehmen. Diese kann schriftlich oder mündlich erfolgen. Dabei sollte der Arbeitnehmer bereits im Anhörungsbogen bzw. Einladungsschreiben zur mündlichen Anhörung darauf hingewiesen werden, was ihm vorgeworfen wird. Für die Stellungnahme bzw. zur Vorbereitung einer mündlichen Anhörung sollte dem Arbeitnehmer in der Regel eine Woche Zeit gegeben werden.
von mehreren Autoren
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